21.03.2022 – Kategorie: Konstruktion & Engineering

Werkzeugkonstruktion: Eine Software für Angebot, Planung und Umsetzung

WerkzeugkonstruktionQuelle: LAS

Der Teilefertiger Löhmann Automotive Systeme setzt für Angebotserstellung, Methodenplanung und Werkzeugkonstruktion von Stanzbiegeteilen eine Kombination aus CAD-System und einem werkzeugbauspezifischen Add-on ein. Wie das Unternehmen bei seinen Werkzeugkonstruktionen damit Zeit und Geld spart.

Kunststoffverarbeiter benötigen oft anspruchsvolle Stanzbiegeteile, die beispielsweise als Einlegeteile mit Kunststoff umspritzt werden. Für diese Teile braucht es noch komplexere Werkzeuge, daher vergeben die Verarbeiter solche Teile in der Regel als Auftrag, wobei das Werkzeug Bestandteil des Auftrags ist. Den Zuschlag erhält beispielsweise der Fertiger LAS Löhmann Automotive Systeme aus Iserlohn, der in Sachen Werkzeugkonstruktion, Lieferanten-Netzwerk und Fertigungstechnik solchen Aufträgen gewachsen ist. Doch um die Aufträge zu bekommen und wirtschaftlich auszuführen, ist ein belastbares Angebot nötig.

Effiziente Werkzeugkonstruktion

Das A und O ist die Abwicklung und das Streifenlayout. Und da beginnt schon das Dilemma, wie Geschäftsführer Marc Löhmann kommentiert: „Ein Streifenlayout zu erstellen ohne eine spezielle Software? Da sitzen Sie Stunden dran. Das macht für eine Anfrage keiner.“ Daher setzt er seit einiger Zeit auf das Gespann aus Solidworks und dem integrierten Add-on Logopress (siehe unten). Und das nicht nur theoretisch, denn hier konstruiert auch der Chef selbst.

In seiner Fertigung betreibt Löhmann Stanzautomaten mit bis zu 1300 Kilonewton Presskraft, Bihler-Stanzbiegeautomaten sowie Schweißsysteme. Die Leistungen reichen von der Beratung über den Prototypenbau bis zur Fertigung von Serien. Mit 18 Mitarbeitern erwirtschaftet LAS jährlich rund 3 Millionen Euro (Umsatz).

Mit der auf den Werkzeugbau abgestimmten Software geht die Konstruktion auch bei LAS deutlich schneller von der Hand: Aus der 3D-Step-Datei des Bauteils ermittelt Löhmann mit dem Modul „Flatten“ des CAD-Add-Ons Logopress die Abwicklung. Das funktioniert sowohl für Biegeteile als auch für Freiformteile. Er definiert damit die ersten Umformstufen und erweitert diese anschließend mit dem Modul Striplayout zum Streifenlayout. Dieses legt fest wo und wie Elemente ausgestanzt und gebogen werden.

„Wenn wir das Streifenlayout entwerfen, haben wir die Möglichkeit, uns schnell die erforderlichen Stanz- und Biegestempel zusammen zu klicken. Das bringt uns den Vorteil, dass wir den Kunden zeitnah sagen können, wo Einklinkungen oder Überschnitte erforderlich sind oder andere Probleme auftauchen könnten“, hebt Löhmann hervor.

Damit liegen bereits die wichtigsten Informationen für die Angebotserstellung vor: „Wir wissen, wie viel Material wir brauchen, kennen die Anzahl Stationen, die Werkzeuglänge und die erforderlichen Schnittkräfte“, fasst Marc Löhmann zusammen. Für die endgültige Preisfindung muss er zwar noch Annahmen beispielsweise für die maximale Hubzahl treffen, „aber insgesamt kommen wir mit Logopress schneller zu einem belastbaren Angebot.“ Das steht nun in der Regel in weniger als einer halben Stunde.

Werkzeugkonstruktion
Anwenderspezifische Werkzeugvorlagen verkürzen die Werkzeugkonstruktion und sorgen für Standardisierungen. Bild: Logopress

Mit Vorlagen zum Werkzeug

Ist der Auftrag erteilt, geht Löhmann an die Werkzeugkonstruktion. Dafür erstellt er auf den bereits erstellten Daten basierend das endgültige Streifenlayout mit den exakten Stanz- und Biegestempeln. An der Werkzeugkonstruktion mit dem Modul DieDesign des Add-ons schätzt Löhmann die Vorteile der Werkzeugvorlagen: „Wir haben Standards entwickelt, wie wir Werkzeuge bauen wollen. Diese Standards legen wir mit den Werkzeugvorlagen fest. Wenn wir beispielsweise für die Plattenbefestigung immer vier Schrauben ‚M8 x 50‘ vorsehen, bringt das Konstanz in die Konstruktion und verhindert Fehler.“

In den Werkzeugvorlagen sind alle Elemente von den Platten, über die Säulen und Buchsen bis zu den Passstiften hinterlegt und parametrisch verknüpft: Zwischen 100 und 150 Stunden veranschlagt Marc Löhmann für den Aufbau einer Werkzeugvorlage: „Aber wenn eine Werkzeugvorlage einmal gesetzt ist, sind Größen und Positionen fest, die Normteile hinterlegt und alle Zeichnungsableitungen sowie auch die Stücklisten schon mit der Vorlage fertig.“ Auf Basis der Werkzeugvorlage konstruiert Löhmann den Streifen und die zugehörigen Stempel in das Werkzeug hinein. Bei der Konstruktion geben sich Normteile und Werkzeugvorlagen die Klinke in die Hand und sorgen so für einen standardisierten Werkzeugaufbau und eine enorme Zeitersparnis. Steht das Streifenlayout, lässt sich so das komplette Werkzeug innerhalb von wenigen Tagen fertig aufbauen.

Animation und Kollisionsprüfung

Die Funktionsfähigkeit der Werkzeugkonstruktion prüft Marc Löhmann mit dem Modul DieDebugger. Das Modul prüft automatisch, ob im CAD-File alle Schraubenlöcher vorhanden sind, ob die Lochstempel richtig sitzen oder ob der Schrott richtig fällt. Wichtiger noch ist die dynamische Simulation eventueller Interferenzen von Werkzeugelementen untereinander oder mit dem Streifen (Abwicklungen).

Für diese Prüfung legt Löhmann die Hubzahl und den Streifenhub fest und lässt automatisch eine Simulation ablaufen, die er zur genaueren Ansicht auch vor- und zurückspulen kann. Das System gibt Kollisionswarnungen aus, markiert die Kollisionsstellen. Er erklärt: „Manchmal ist es nur ein Hilfsklotz, den man vergessen hat auszublenden, manchmal sind echte Konstruktionsänderungen erforderlich“. Er geht konzentriert alle Kollisionswarnungen durch, korrigiert sie und lässt dann die Simulationen erneut laufen.

Werkzeugkonstruktion
Mit den Tools benötigt Marc Löhmann auch bei komplexeren Teilen nur rund eine halbe Stunde für ein Streifenlayout, das bereits für die Angebotserstellung ausreicht. Bild: Logopress

Die Werkzeug-Lieferanten versorgen

Aus den 3D-Daten der Werkzeugkonstruktion kann Löhmann alle Zeichnungen und Zeichnungsableitungen wie Stücklisten und dergleichen automatisch erzeugen. Änderungen in den bidirektionalen Stücklisten werden in der Zeichnung direkt nachgeführt und umgekehrt. Zudem werden Teiledaten oder auch die Bohrtabelle für Startlochbohrungen automatisch ausgegeben.

Das ist praktisch, denn bauen lässt Löhmann seine Werkzeuge extern: „Wir geben unseren Lieferanten nur die CAD-Daten, die Zeichnungen und die technischen Daten im Neutralformat.“

Software für Werkzeugkonstruktion: Funktioniert auch mit Bihler-Werkzeugen

„Auch bei den Werkzeugen für unsere Bihler-Stanz-Biegeautomaten arbeiten wir mit Logopress. Da muss man zwar ein bisschen tricksen, aber es geht.“, erläutert Löhmann. Die Krux: Bihler stellt für seine Automaten eine eigene Konstruktionssoftware bereit, die für Löhmann jedoch einen Systembruch bedeuten würde. Seine Lösung: „Wir bauen mit den Neutraldaten von Bihler in Solidworks und Logopress unsere Baugruppen zusammen. Für das Folgeverbundwerkzeug im Bihler-Automaten haben wir sogar eine eigene Werkzeugvorlage aufgebaut. Für die Konstruktion der entsprechenden Werkzeuge selbst nutzen wir dann die Funktionen von Logopress. Damit kommen wir gut zurecht und wir müssen nicht mit zwei Systemen arbeiten.“

Zum Solidworks-Add-on Logopress

Logopress ist seit Ende 2019 ein Unternehmen der AutoForm-Gruppe. Das Hauptprodukte, das Logopress-Add-on für Solidworks, dient dazu, die Werkzeugkonstruktion insbesondere von Folgeverbundwerkzeugen mit den Modulen DieDesign, StripLayout und Flatten sowie jüngst ProgSim zu beschleunigen. Letzteres basiert auf dem „Solver“ von AutoForm und der Konstrukteur kann damit, während er das Streifenlayout anlegt, die Ausdünnung, Aufdickung, Faltenbildung, Risse und Rückfederung des Bauteils simulieren.

Der Autor Theo Drechsel ist freier Fachjournalist in München.

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