09.05.2022 – Kategorie: Hardware & IT

Transiente Simulation in der Cloud: Mehr Speed geht nicht

Transiente SimulationQuelle: Siemens/Modine

Mit der Siemens-Lösung Simcenter STAR-CCM+ in der Cloud konnte Modine die CAD-Bereinigungszeit um 66 Prozent reduzieren. Die unbegrenzten Rechenressourcen in der Cloud ermöglichten es, transiente Simulationen mit hoher Komplexität durchzuführen.

Transiente Simulation: Die meisten von uns nutzen täglich Produkte von Modine, vielleicht ohne es zu bemerken. Die Komponenten befinden sich in allen möglichen Alltagsprodukten wie Autos oder Kühlschränken, Heizungs- und Kühlanlagen. Das globale Multi-Milliarden-Dollar-Unternehmen entwickelt und produziert seit mehr als 100 Jahren innovative Produkte zur Temperaturregelung.

Zuverlässige Bauteile zur Temperaturregelung

Die Geschichte von Modine begann bereits 1916, als Arthur B. Modine seine Firma gründete, um Bauteile für die Automobil­industrie herzustellen. In diesem Gründungsjahr wurden in den USA 3,6 Millionen PKWs und LKWs gebaut, und für den boomenden Markt brauchte man dringend bessere und zuverlässigere Bauteile. Inzwischen hat Modine seine Kompetenz und Sachkenntnisse bei Auto-Wärmetauschern zu einer Vielfalt weiterer Anwendungen und Produkten ausgebaut. Heute stellt das Unternehmen Teile für Heizungs-, Lüftungs- und Kühlungssysteme (HLK) her, für Datenzentren, Geländefahrzeuge, Stromerzeugung und Kühlanlagen.

Höhere Energieeffizienz und Zuverlässigkeit

Modine mit Hauptsitz in Racine/Wisconsin (USA) beschäftigt mehr als 12.000 Mitarbeiter, von denen sich jeder einzelne der Unternehmensphilosophie verschrieben hat: „always innovating, always improving“ (ständige Innova­tion, ständige Verbesserung). Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für Erfolg auf dem Markt von Heute, auf dem Hersteller immer höhere Energieeffizienz, Zuverlässigkeit und Lebensdauer bieten müssen. Bei Temperaturregelungsbauteilen und -systemen kann jede Leistung, die nicht absolut fehlerfrei ist, zu unerwünschten Gewährleistungskosten und einer Rufschädigung der betroffenen Marke führen. „Die Kundenerwartungen sind wesentlich höher als je zuvor“, sagt Viswanath Setty, Leiter ­Numerische Strömungsmechanik (Computational Fluid ­Dynamics – CFD) bei Modine. „Unsere Kunden fordern immer leistungsfähigere oder langlebigere Konstruktionen.“

Vermehrte CFD-Simulation

In den letzten zwanzig Jahren setzte das Konstruktionsteam des Unternehmens zunehmend auf die CFD-Simulation als Ergänzung zu physikalischen Tests, wobei die aus der Simulation gewonnenen Erkenntnisse zum entscheidenden Faktor bei der Konstruk­tion leistungsfähigerer Produkte wurden.

Schnell wurde deutlich, dass das Potenzial für Simulation weitaus größere Auswirkungen auf den Produktkonstruktionsprozess hat, wenn sich zwei Herausforderungen bewältigen lassen: Erstens musste in den Simulationen realistischeres Verhalten erfasst werden, damit sich Konstruktionsentscheidungen aufgrund aussagekräftiger virtueller Tests ohne physischen Prototyp treffen lassen. Zweitens mussten mehr Simulationsdurchläufe stattfinden, um verschiedene Konstruktionsoptionen zu untersuchen und innovative Lösungen zu finden.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, wählte das Konstruktionsteam die CFD-Lösung der Software Simcenter STAR-CCM+, die Teil des Xcelerator-Portfolios von Siemens Digital Industries Software ist. Hier fanden sie genau den benötigten Leistungsumfang für die automatisierten Abläufe – in hoher Wiedergabetreue und im schnellen Durchlauf.

Transiente Simulation: Reduzierung der CAD-Bereinigungszeit um 66 Prozent

Bei jeder CFD-Analyse besteht der erste Schritt in der Erstellung der Geometrie für das Meshing. Im Falle eines komplexen Bauteils wie dem Wärmetauscher kann die Fertigungsbaugruppe mehr als 100 Einzelkomponenten umfassen, manche davon sehr klein, zum Beispiel dünnwandige Turbulatoren (unregelmäßig geformte Rohre).

Früher war die Erstellung der CAD-Geometrie für die Simulation ein sehr langwieriger Prozess, bei dem es mehrere Tage dauerte, Fehler in den Daten zu reparieren, die erforderlichen Fluid- und Feststoffvolumen zu extrahieren und Kontaktpunkte zwischen einzelnen Teilen herzustellen, um die Wärmeübertragung genau vorhersagen und ermitteln zu können.

Ein besonders herausragendes Beispiel für Modine war der Abgasrückführungs- oder AGR-Kühler, der an den meisten modernen Dieselmotoren verbaut ist. Diese Bauteile spielen eine wesentliche Rolle bei der Reduktion der Stickoxidemissionen (NOx) und des Treibstoffverbrauchs durch niedrigere Verbrennungstemperaturen. Um in dieser Lage weiter erfolgreich zu sein, musste Modine ein höchst effizientes Produkt entwickeln, das die benötigte Wärme mit niedrigem Stoffgehalt abweist, während Siedebedingungen und inakzeptabel hohe thermisch induzierte Spannungen vermieden werden. Bei der Entwicklung einer derartigen Konstruktion stützen sich die Ingenieure auf Studien mit thermischen Transienten (CFD) und finiten Elementen (FEA).

Transiente Simulation
Analyse der konjugierten Wärmeübertragung (CHT) eines AGR-Kühlers mit polyedrischen Zellen. Das Bild zeigt das Temperaturprofil auf der Metalloberfläche und das Geschwindigkeitsprofil des Abgases in einem Abschnitt innerhalb des Kühlers. Bild: Siemens/Modine

Integriertes Oberflächenreparatur-Werkzeug

Eine Schwierigkeit bei dieser Art von Simulation ist allerdings, dass für alle Verbindungsteile ein direkter Kontaktschluss erforderlich ist. Irgendwelche Lücken würden die Wärmeübertragung mindern und möglicherweise zu einer Fehleinschätzung der Produktleistung führen.

Modine nutzt das integrierte Oberflächenreparatur-Tool in Simcenter STAR-CCM+, um CAD-Daten einfach zu korrigieren. Anschließend findet die CAD-Funktion Imprint automatisch die Teile, die miteinander in Berührung stehen, und schafft Schnittstellen im entstandenen Mesh, die eine Wärmeleitung zwischen ihnen ermöglichen. Durch den geringeren Zeitaufwand für die Erstellung der Simulationen konnte das Team seinen Durchsatz erhöhen und damit mehr Konstruk­tionsoptionen untersuchen.

AGR-Kühler-CHT-Analyse: Das Bild zeigt das Temperaturprofil auf der Metalloberfläche und das Geschwindigkeitsprofil des Kühlmittels in einem Abschnitt innerhalb des Kühlers. Bild: Siemens/Modine

Produktivitätssteigerung durch transiente Simulation und Automatisierung

Die Konstruktion eines Hochleistungsprodukts erfordert eine fortlaufende Evaluierung der verschiedenen Konstruktionsvarianten, so dass Prozessautomatisierung und Reproduzierbarkeit von wesentlicher Bedeutung sind.

Die Erstellung eines durchgängig automatischen Ablaufs für die CFD-Analyse erwies sich für das Team von Modine als eine Herausforderung: Es war schwierig, all die verschiedenen Topologien, Materialien, Betriebspunkte und Dimensionierungen angemessen über das volle Produktsortiment zu berücksichtigen. Die Experten erstellten daraufhin mit dem leistungsfähigen Tool des Simulationsassistenten die Abläufe, die sich visuell in der Schnittstelle verfolgen lassen und einen vielseitigen halbautomatischen Prozess ermöglichen. Dieser soll Benutzer unabhängig von ihrer Erfahrung durch den Analyseprozess führen und dabei sicherstellen, dass Best Practices eingehalten werden.

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Geschwindigkeitsprofile des Abgases in einem Abschnitt innerhalb des AGR-Kühlers. Bild: Siemens/Modine

Automatisierung über Java-Makros

Im Hintergrund nutzt der Simulationsassistent die Automatisierung, die Java-Makros in Simcenter STAR-CCM+ zur Verfügung stellen. Diese ermöglichen es, jeden Schritt in der Simulation – von der Definition der Geometrie bis hin zur Lösung und Nachbearbeitung – individuell anzupassen und zu regeln.

Zur Definition eines Simulationsablaufs und zur Bestimmung der besten Vorgehensweise im Sinne von Best Practices gehören normalerweise eine Reihe empirischer Versuche, um die beste Lösung zu finden. Modine konnte sich auf das Simcenter Customer Support-Team vor Ort verlassen, wenn es um fachliche Beratung und Branchenerfahrung ging, um ein System schneller zum Laufen zu bringen.

Transiente Simulation
Geschwindigkeitsprofile der Kühlflüssigkeit in einem Abschnitt innerhalb des AGR-Kühlers. Bild: Siemens/Modine

Tage statt Wochen

Die Ingenieure bei Modine wussten von Anfang an, dass Simula­tion nicht nur bei der Entwicklung innovativer Produkte eine wichtige Rolle spielen würde, sondern auch bei der Minimierung des physikalischen Testumfangs zur Überprüfung der Produktleistung. Damit lassen sich erhebliche Kosten einsparen.

Eine Produktleistung hinreichend genau voraussagen zu können, wenn man den Umfang physikalischer Tests deutlich reduzieren möchte, erfordert einen höheren Genauigkeitsgrad (High Fidelity) für die Modellierung – sowohl der Physik als auch der geometrischen Details. Das bedeutet umfangreichere Berechnungen. Für die genaue Einschätzung einiger komplexer Wärmeübertragungsphasen benötigt man transiente Simulationen, zum Beispiel Siede-, Aufheizungs- oder Heißlagerungsbedingungen über einen bestimmten Zeitabstand. Die Rechenleistung der CFD-Workstations reichte aus, um innerhalb von Stunden Simulationen des eingeschwungenen Zustands von Low-to-Medium-Fidelity zu verbessern. Allerdings kann eine transiente Simulation in High Fidelity auf den gleichen Workstations Monate dauern.

Deshalb beschloss Modine 2016 Cloud-Computing einzuführen. Mit den unbegrenzten Rechenressourcen in der Cloud wurde es möglich, transiente Simulationen mit hoher Komplexität durchzuführen. Mit diesem Schritt konnte das Team auch alle geometrischen Details einbeziehen, die zur Erfassung der zugrundeliegenden Physik in den Modellen erforderlich waren. Näherungen und Rätselraten entfielen auf diese Weise. Zudem konnten die Entwickler mehr transiente Analysen laufen lassen – das ist wichtig für Diagnosethemen – und Fehler im Feld voraussagen. Ebenso waren Vergleiche mit physikalischen Testdaten möglich.

Onyx Instances auf der Rescale-Plattform

Modine arbeitet mit Onyx Instances auf der Rescale-Plattform, die die Skalierbarkeit und Leistung für transiente CHT-Simulationen innerhalb eines vernünftigen Zeitrahmens und zu geringen Kosten ermöglichen. Mit den Möglichkeiten des Cloud-Computings konnte das Team nun innovative Ideen entwickeln und neue Technologien für seine Wärmetauscher-Produkte wirtschaftlich analysieren – also eine echte Wertschöpfung für seine Kunden erzielen.

Entwicklungskosten reduzieren durch transiente Simulation

„Durch Simulationen in High Fidelity gewinnen wir einen besseren Einblick in die Leistung unserer Produkte und erzielen eine höhere Genauigkeit – und das zu einem Bruchteil von Zeit und Kosten physikalischer Tests“, sagt Setty und führt fort: „Wir können damit Konzepte bereits zu einem viel früheren Zeitpunkt evaluieren und schwächere Konstruktionen herausfiltern.“

Durch die CFD-Simulation konnte Modine die Produktentwicklungskosten senken. Gleichzeitig eröffnet die virtuelle Umgebung dem Unternehmen mehr Möglichkeiten für größere ­Innovationen.

Der Autor Shyam Patel ist Technical Communications Specialist bei Siemens Digital Industries Software.

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