04.07.2022 – Kategorie: Komponenten & Systeme

Temperatursensorik: Sichere Prozessautomatisierung in der Lebensmittelindustrie

TemperatursensorikQuelle: ifm

Warum eine Schweizer Käserei bei der Produktion ihrer Spezialitäten verstärkt auf Sensorik setzt und warum gerade Automation Liebe zum Handwerk beweist, zeigt dieser Bericht.

Temperatursensorik in der Praxis: Im Zürcher Oberland zaubert die Käserei Wildberg aus hochwertiger Milch mit ausgeklügelten Rezepturen exquisite Geschmackserlebnisse, mitunter in einem jahrelangen Reifeprozesse. In der Produktion trifft dabei moderne Technik in Form einer ebenfalls umfassenden Automatisierung auf die Tradition rund um die besonderen Produkte.

Temperatursensorik für den optimalen Käse

In den Käsekellern offenbart sich die enorme Spannweite der Rezepturen: Vom beliebten Emmentaler AOP über Mozzarella bis hin zur eigenen Erfindung, dem Cheebab, einem Käsedöner, reicht das Portfolio.

Dass die Mitarbeiter der Wildberger Käsemanufaktur trotz umfassender Automatisierung ihr Handwerk verstehen, merkt man sehr schnell, wenn man mit Geschäftsführer Roland Rüegg die neuen Produktionshallen betritt: Jeder hier kennt seine Aufgabe und beherrscht sein Metier, alles greift ineinander wie ein Zahnrad ins Andere.

Der Produktions-Neubau erfolgte im Frühjahr 2021: Prozesstechnisch ist die Käserei auf modernstem Stand, ausgestattet von der Firma Staedler Automation. Der Automationsspezialist ist nur wenige Kilometer entfernt beheimatet – und setzt bei der sensorischen Überwachung seiner Anlagen auf Produkte und Lösungen von ifm.

Warum Käse Sensoren braucht

Doch was hat eine traditionelle Käsemanufaktur mit Temperatursensorik zu tun? Sehr viel, denn die Produktionsmaschinen können nur dann in der für die Qualität erforderlichen Präzision gesteuert werden, wenn die Steuerung selbst konstant exakte Prozessparameter geliefert bekommt. Vom Zulauf der Milch in den Separator über den Wärmetauscher bis hin zum Käsefertiger müssen insbesondere Temperatur und Druck exakt eingehalten werden, um die Milch entsprechend zu behandeln.

Bereits in der Milchannahme kommen Sensoren zum Einsatz: Hier stehen Lagertanks, in denen die frisch angelieferte Milch heruntergekühlt und gerührt wird. Darin überwachen Füllstand- und Temperatursensoren die ordnungsgemäße Lagerung der Milch. Auch die CIP-Anlage, mithilfe derer die Verrohrungen und Tanks regelmäßig gereinigt werden, wird sensorisch überwacht: Zum Beispiel kontrollieren Durchflusssensoren die Wassermengen während der Spülprozesse.

Temperatursensorik
Herzstück der Anlage sind Plattenwärmetauscher zum exakten Temperieren der Rohmilch. Hier wirken mehrere Temperatursensoren. Bild: ifm

Temperatursensorik: Bestmöglicher Schutz für temperatursensible Prozesse

In der sogenannten Thermisierung können insbesondere die Temperatursensoren ihre Stärken ausspielen. Abhängig von der gewünschten Käsesorte wird in einem Platten-Wärmetauscher eine präzise und zeitlich exakt definierte Erwärmung der Rohmilch durchgeführt.

Paarweise zusammenwirkende Temperatursensoren vom ifm-Typ TA2502 stellen in jedem der drei Segmente des Wärmetauschers die Ein- und Austrittstemperatur fest, um der Steuerung die Möglichkeit zur präzisen und unmittelbaren Nachregelung in den jeweils nachgeschalteten Wärmetauscher-Segmenten zu geben.

Selbstüberwachender Temperatursensor: Die zweifelsfrei verantwortungsvollste Funktion im gesamten Prozess übernimmt der Temperatursensor vom Typ TCC501 an der Heißhaltestrecke des Wärmetauschers, wo durch die Temperaturhaltung über die Zeit die Milch auf den weiteren Prozess hin mikrobiologisch optimiert beziehungsweise abgesichert wird.

Permanenter Status-Check: Die Besonderheit des TCC: Der Temperatursensor misst nicht nur sehr genau, er bietet Anlagenbetreibern auch die Möglichkeit, ereignisbezogen – und nicht erst beim nächsten geplanten Kalibrierintervall – auf Driftverhalten reagieren zu können. Dank der namensgebenden Calibration Check Technology erkennt der TCC sein eigenes Driftverhalten. Dazu gleicht der Sensor den Temperaturwert mit einem zeitgleich gemessenen Referenzwert ab. Liegt die Abweichung außerhalb des Toleranzwertes, der von 0,5 bis 3 Kelvin eingestellt werden kann, zeigt der TCC dies optisch an und gibt per IO-Link sowie per Diagnoseausgang eine Meldung an die zentrale Steuerung. Gleiches gilt auch im Falle einer gravierenden Störung. Das ist insbesondere bei Frischeprodukten wichtig, da sonst ganze Produktionschargen aufgrund fehlerhafter Fertigungstemperaturen verloren gehen können, bis der Fehler auffällt.

Dank des Inline-Kalibrierprozesses erzielt der TCC eine Genauigkeit von ± 0,2 Kelvin entlang des gesamten Messbereichs. Damit ist er ideal geeignet für den Einsatz in temperatursensiblen Prozessen wie der Käseherstellung. Das mikrobiologische Geschehen im Frischprodukt ist damit zu jedem Zeitpunkt sicher überwacht und die Qualität damit vorbeugend gesichert.

Temperatursensorik
„Wir lieben Käse. Dafür brauchen wir Technik.“ Wildberg-Geschäftsführer Roland Rüegg, Bild: ifm

Drucksensor mit Hygienezulassung für kleine Rohrleitungen

Ein weiterer, wichtiger Sensor in der Käserei Wildberg ist der Drucksensor PM15. Er überwacht die Druckverhältnisse im Wärmetauscher mit dem Ziel, die Drücke in der bereits thermisierten – also in der erhitzten, keimfreien – Milch, stets höher zu halten als an der gegenüberliegenden Seite der Wärmetauscherplatte, wo entweder Frischmilch oder Heisswasser anliegt. Bei möglichen Rissen in der Wärmetauscherplatte kann durch den Überdruck ausschließlich die Milch entweichen. Das verhindert, dass Fremdmedien in den hochsensiblen Produktionsprozess gelangen können.

Insofern sich Ablagerungen an der Wärmetauscherplatte bilden und damit der Druck bei sonst konstanter Strömungsgeschwindigkeit ansteigt, kann der Drucksensor diesen Umstand für die Steuerung transparent machen, so dass entsprechend nachgeregelt oder ein Wartungsintervall eingeleitet wird.

Dabei verfügt dieser aktuelle Drucksensor über ein einzigartiges frontbündiges Dichtsystem mit Teflon und PEEK. Dieses erlaubt die hygienegerechte Integration kleiner keramisch-kapazitiver Messzellen in kleine Rohrleitungen ab DN25. Dank des minimierten G 1/2-Gewindes kann der Einbau ohne großbauende und teure Adapter erfolgen. Die somit totraumfreie hygienezertifizierte Adaption verhindert Ablagerungen und gewährleistet eine optimale Reinigbarkeit während des CIP-Prozesses.

Die neue Dichtung macht den Sensor zudem wartungsfrei. Die frontbündige, robuste Keramikmesszelle ist extrem langzeitstabil und hält Druck und Vakuumschlägen ebenso stand wie Einwirkungen durch abrasive Stoffe. Es handelt sich dabei um eine sogenanntes „trockenes Messprinzip“, da keine Druckmittlerflüssigkeit zum Einsatz kommt und somit das Risiko der Freigabe von kritischen Flüssigkeiten in das Medium ausgeschlossen ist. Der Sensor ist damit praktisch verschleißfrei und hält Mediumtemperaturen von bis zu 150 Grad Celsius für maximal eine Stunde stand, was eine Dampfreinigung ermöglichen würde. Das EHEDG-Zertifikat, FDA-Zulassung und 3A-Standard bestätigen seine Eignung für hygienische Prozesse.

Leistungsplus dank IO-Link

Wie nahezu alle ifm-Sensoren verfügt auch der PM15 über IO-Link. Neben dem klassischen Analogsignal (4…20 mA) lässt sich der Prozesswert verlustfrei digital übertragen. Aber IO-Link bietet noch mehr: Der Sensor besitzt auch einen Temperaturfühler, dessen Wert der Anwender über IO-Link abrufen kann. Vorteil: Bei unkritischen Anwendungen kann auf diese Nicht-invasive Temperaturmessung zurückgriffen werden, um so „ganz nebenbei“ mehr Transparenz und Sicherheit in die Anlage zu bekommen – das spart Material- und Montagekosten. Weitere Komfortmerkmale von IO-Link sind die Nullpunktkalibrierung und die Skalierung von Messbereichen.

Nicht trotz, sondern wegen der automatischen Prozessüberwachung ist es der Käserei Wildberg möglich, sich auf die Herstellung individueller Käsespezialitäten zu konzentrieren, während die dafür notwendigen Anlagen inklusive Temperatursensorik zuverlässig und präzise ihre Aufgabe erfüllen.

Der Autor Andreas Biniasch ist Fachredakteur bei ifm.

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