10.02.2023 – Kategorie: Management
Subscription Economy: Der Weg zur agilen und effizienten Orchestrierung
Von der Idee bis zur Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie haben Unternehmen einige technologische Hürden zu meistern, wie die Edge-Logik in Geräten, Maschinen oder Anlagen zu gestalten. Genauso komplex ist aber auch die Antwort auf die bestmögliche Monetarisierung dieser Transformation. Heute mündet diese meist in einer Subscription, die Kunden Mehrwerte bei der Nutzung ihrer Devices bietet. Die Herausforderung liegt in der agilen und effizienten Orchestrierung der nahtlosen End-to-End-Lösung.
Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle auf agile Abonnements stützen, wachsen laut Studien fast fünf Mal schneller als ihre traditionell wirtschaftenden Pendants, die auf reinen Produkt- und Servicevertrieb setzen. Die Subscription Economy gewinnt dabei in allen Branchen rasant an Bedeutung. Der Mensch mit seinen Bedürfnissen und positive Nutzungserfahrungen stehen im Zentrum der Überlegungen. Es ist vollkommen gleich, ob er diese Erfahrungen als Privatperson oder im Rahmen eines Geschäftsbetriebs macht.
Subscription Economy: Angst vor Kontrollverlust ist unbegründet
Doch in Deutschland ist die Skepsis gegenüber einer umfassenden Digitalisierungsstrategie mittels agiler Subscription-Cloud noch immer groß. Die „German Angst“ vor Kontrollverlust und Datenschutzproblemen lähmt das Innovationspotenzial der deutschen Wirtschaft, während weltweit immer mehr Unternehmen eine Cloud-First-Strategie fahren. Doch die Angst, Daten nicht mehr On-Premises hosten zu können, ist unbegründet. Schließlich gibt es höchstrichterliche Urteile, dass selbst deutsche Behörden auf US-Clouds wie Amazon, Microsoft oder Google zurückgreifen dürfen – wenn die Anbieter zusichern, dass die Daten in Deutschland verarbeitet werden. Ein Paradigmenwechsel ist daher das Gebot der Stunde.
Die aktuelle Situation ist zudem ein Paradebeispiel dafür, dass Fähigkeiten zur Modellierung und Orchestrierung agiler Geschäftsbeziehungen von großer Bedeutung sind. Logistik- und Lieferkettenprobleme, Rohstoff- und Energiekrise, Inflation und Klimawandel erfordern schnelles Agieren. Diese Gemengelage trifft nun aber auf die Unfähigkeit vieler Unternehmen, schnell zu reagieren und neue Angebote zu schnüren. Das Beispiel eines attraktiven Subscription-Angebots ist zum Beispiel die Option, Produkte nicht mehr kaufen zu müssen, sondern nur für deren Nutzung zu bezahlen.
Ein Hemmschuh für Innovationsfreudigkeit sind derzeit jedoch die vollen Auftragsbücher. Sie lähmen Unternehmen, neue Wege beschreiten zu wollen. Warum auch, wenn man bereits der aktuellen Nachfrage nicht nachkommen kann und Lieferzeiten von mehreren Monaten hat? Gleichzeitig sitzen nicht wenige der verantwortlichen Führungskräfte selbst im gehobenen Mittelstand und in Konzernen einem gravierenden Missverständnis auf: Die Digitalisierung des eigenen Geschäftsmodells ist nämlich nicht nur ein vorteilhaftes Add-On zum bestehenden Geschäft, geschweige denn Kosmetik zum Aufhübschen der Corporate Identity. Doch selbst wenn Unternehmer das erkannt haben, bleibt immer noch die Frage nach dem „Wie?“ im Raum stehen.
Falsches Verständnis von Besitz und Eigentum
In vielen Führungsetagen herrscht eine gravierende Abwehrhaltung gegenüber einer Cloud-basierten Digitalisierung des eigenen Geschäftsmodells, die an die Haltung der deutschen Unternehmen in den 2010er Jahren erinnert. Damals bescheinigte unter anderem eine Studie der OECD deutschen Unternehmen eine zu zögerliche Haltung beim Ergreifen der Chancen, die die Digitalisierung bietet.
Heute gehört die Cloud zwar zum Standard-Tool fast aller Unternehmen und es scheint unverständlich, warum viele Verantwortliche bei der Digitalisierung so lange mit dem Einstieg in die Cloud-Technologie gezögert haben. Doch die Argumente klingen damals wie heute ähnlich: Sie reichen von „Das haben wir noch nie gemacht“ über „Das brauchen wir nicht“ bis hin zu „Das können wir alles selbst managen“ oder „Wir warten, bis unser ERP-Anbieter uns ein entsprechendes Modul zur Verfügung stellt“. Wie schnell man das eigene Unternehmen mit einer solchen Haltung in die Bredouille bringen kann, zeigt das Beispiel von Volkswagen. Der kürzlich entlassene Konzernchef Peter Diess hatte sich mit seiner Digitalisierungsstrategie dermaßen verzettelt, dass die verspätete Fertigstellung der von der Tochtergesellschaft Cariad entwickelten Softwarearchitektur zu Mehrkosten in Milliardenhöhe führen wird. Händeringend muss der Automobilkonzern nun nach Technologiepartnern wie Amazon suchen, die bei der Entwicklung wichtiger Softwaremodule helfen sollen. Das bedeutet eine Abkehr von der On-Premises-Strategie, alles im eigenen Hause machen zu wollen. Mitbewerber Ford hatte vor einigen Jahren einen ähnlichen Fehler begangen, indem der Konzern die neu gegründete Digital Unit ins Silicon Valley verlegte und damit mehr als 4.000 Kilometer entfernt von der Unternehmenszentrale.
Ganzheitliche Strategien statt Stückwerk
Diese Beispiele zeigen eindrücklich, dass es oft auch große Unternehmen sind, die eine nicht zusammenhängende und letztlich erfolglose Digitalisierungsstrategie verfolgen und damit massive Verluste produzieren, die langfristig die Zukunftsfähigkeit gefährden können. Daher verwundert es nicht, dass unter diesen Voraussetzungen laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey lediglich 16 Prozent aller Unternehmen ihre Digitalisierungsprojekte abschließen können. Der gefährliche Hang, eigene Lösungen entwickeln zu wollen, anstatt auf die Expertise etablierter Anbieter zu vertrauen, wirkt sich negativ auf die Innovationsfähigkeit der betroffenen Unternehmen aus.
Gelingen kann der flexible und agile Vertriebs- und Produktansatz nur, wenn die typische, lineare IT-Struktur, die zudem kaum Vernetzung aufweist, aufgebrochen wird. Der Order-to-Revenue-Prozess gehört somit auf den Prüfstand. Die starre Struktur vom unternehmenseigenen CRM-System über die Erfüllung des Auftrags bis hin zur Abrechnung mit dem ERP-System löst sich im Rahmen der Subscription Economy auf und bedarf einer Art „Middle Office“, um die dynamischen und agilen Prozesse vom Vertrieb über die Kundenkontenverwaltung bis hin zur Rechnungslegung, Zahlungseingangsverbuchung und Kundenkontensaldierung abzudecken.
auf und bedarf einer Art „Middle Office“, um die dynamischen Prozesse abzudecken. Bilder: Zuora
Subscription Economy bietet Rückkopplungseffekte auf neue Angebote
Entscheidend sind nicht nur Prozeduren, mit denen die häufig per Verbrauch oder per Nutzung abgerechneten Produkte und Leistungen exakt erfasst werden und jederzeit abgerechnet und verbucht werden können, sondern auch Datenanalysen, die dank ihrer Aussagekraft wiederum Rückkopplungseffekte auf neue Angebote haben. Mithilfe von in Echtzeit erhobenen Nutzungsdaten kann schließlich die Entwicklung neuer Produkte beziehungsweise die Anpassung der bestehenden Services an die sich stetig wandelnden Kundenwünsche erheblich schneller erfolgen, als dies im traditionellen Modell jemals möglich war. Schnellere Reaktionszeiten mit dynamischer Anpassung des eigenen Portfolios an den sich verändernden Markt sind die Folge, wodurch sich sowohl Absatz als auch Umsatz einfacher steuern und optimieren lassen.
Die Unternehmensstrategie wird zur Digitalisierungsstrategie
Allerdings braucht es für die Monetarisierung der Digitalisierung mittels Subscriptions auch ein neues Mindset der Führungsebene, worauf unter anderem der Investor und Gründer Fabian J. Fischer hinweist. Seiner Ansicht nach bedingt die überragende Rolle der Digitalisierung nicht nur eine Transformation der Unternehmensstrukturen, sondern auch der Führungsebene. Fischer zufolge seien zukünftig CEOs gefragt, die zuvor „tiefgreifende praktische Erfahrung direkt aus dem Maschinenraum digitaler Geschäftsmodelle“ mitbringen. Im Ergebnis bedeute dies, dass CDOs die neuen CEOs seien. Auch wenn diese These etwas zugespitzt erscheint – im Kern hat Fischer recht: Die digitale Transformation stellt ein Unternehmen komplett auf den Kopf. Begonnen werden muss dieser Prozess jedoch ganz oben, bevor er Top-down allmählich das gesamte Unternehmen durchdringen kann.
Was jedoch nicht bedeutet, dass Unternehmen so lange warten sollten, bis ihr gesamtes Produktportfolio und alle Mitarbeiter komplett reif für die digitale Transformation sind. Ein solcher Zustand wird erst viel später erreicht. In der jetzigen Zeitenwende bis hin zur neuen Realität ist es vielmehr wichtig, die neuen Chancen unmittelbar beim Schopf zu packen und mit kleinen, sofort umsetzbaren Projekten, die mit einer Handvoll Enthusiasten und Early Adopters im eigenen Unternehmen gestemmt werden können, auf den Markt zu gehen. Learning by doing ist auch beim Thema Subscription Economy die Devise. Packen wir es gemeinsam an.
Der Autor Veit Brücker ist Vice President Central Europe bei Zuora.
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