25.07.2022 – Kategorie: Konstruktion & Engineering
Smarte Wallbox: Wie sich E-Autos schnell und einfach aufladen lassen
Eine smarte Wallbox für E-Fahrzeuge in schickem Design, wetterbeständig und flammgeschützt – das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Entwicklung von Innogy und Pöppelmann K-Tech. 2019 gingen drei Modelle in Serie – und tragen dazu bei, die zunehmende Zahl an Elektrofahrzeugen mit Strom zu versorgen.
Smarte Wallbox für alle? Die Energie- und Mobilitätswende nimmt Fahrt auf. Einen wichtigen Part im Energiekonzept der Zukunft nehmen E-Fahrzeuge ein. Deren Marktanteil hat sich in Deutschland im Zeitraum zwischen 2016 und 2019 mehr als vervierfacht, meldete das Bundesumweltamt im September 2020.
Smarte Wallbox wird staatlich gefördert
Damit ist auch die Nachfrage nach der entsprechenden Infrastruktur stark gestiegen: Immer mehr Ladesäulen werden benötigt. Um eine flächendeckende Verfügbarkeit zu erreichen, soll eine staatliche Förderung einen Schub verleihen: Die KfW-Bank hat im November 2020 ein Zuschussprogramm aufgelegt, das den Einbau von Ladeboxen für Elektrofahrzeuge an privaten Wohngebäuden mit jeweils 900 Euro fördert. Die Vergabe läuft, so lange noch Geld vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird.
Zu den Herstellern der förderfähigen Wallboxen zählt die Innogy E-Mobility Solutions. Das Technologieunternehmen aus Dortmund entwickelt und vertreibt Hardware für das Laden von Elektrofahrzeugen mit Gleich- und Wechselstrom sowie digitale Services für Elektromobilität. Die Ladehardware kann sowohl mit der Innogy-Plattform als auch über andere Systeme gesteuert werden. Die Plattform vernetzt schon heute weltweit 185.000 Ladepunkte von verschiedenen Herstellern für Geschäftskunden in rund 30 Ländern.
Kunststoffexperte als passender Partner
Die Entwicklung der Ladesäulen folgt dem Anspruch, eine attraktive Optik mit hoher Funktionalität und Anwenderfreundlichkeit zu vereinen. Zur Realisierung der drei Wallbox-Modelle E-Box Smart, E-Box Professional und E-Box Touch war das Technologieunternehmen Ende 2016 auf der Suche nach einem passenden Partner, der in der Lage war, die Designvorgaben mit entsprechender Kunststoffkompetenz umzusetzen. Fündig wurde der Hersteller in dem Kunststoffspezialisten Pöppelmann K-Tech, einer Division der Pöppelmann-Gruppe aus Niedersachsen. Zu deren Kernkompetenzen zählen die Entwicklung und Serienproduktion hochpräziser technischer Kunststoffteile.
Machbarkeitsprüfung mit Quick-Check
Die Experten von Pöppelmann K-Tech unterstützten Innogy mit Know-how und Erfahrung. Großes Plus des Kunststoffspezialisten: Die Unternehmensgruppe vereint alle notwendigen Schritte der Prozesskette unter einem Dach – vom Design über schnelle Entwicklungstools und den hauseigenen Werkzeugbau bis hin zur effizienten High-end-Serienproduktion.
Jedes neue Projekt, so auch die smarte Wallbox, startet mit dem Quick Check: Dabei wird die Anfrage auf die Parameter Material, Konstruktion, Werkzeug und Prozess überprüft. Beim Material-Check spielen zum Beispiel die erforderliche Festigkeit und notwendige Temperaturbeständigkeit eine wichtige Rolle. Die Frage nach der Konstruktion stellt frühzeitig die Weichen in der Funktionalität. Die Ermittlung des optimalen Werkzeuges beinhaltet auch Produktions- und Zykluszeiten. Bei der Fertigung nimmt die Automatisierung eine zentrale Stellung ein, um zu entscheiden, mit welcher Technologie und unter welchen Vorgaben am besten produziert wird und was die Werkzeuge leisten müssen. Schließlich werden nachgeschaltete Prozesse wie etwa die Montage ebenso miteinbezogen wie Sauberkeitsanforderungen und Qualitätsaspekte.
„Die Boxen werden im Außenbereich installiert. Sie sind Sonneneinstrahlung ebenso wie Feuchtigkeit ausgesetzt und müssen großen Temperaturunterschieden standhalten“, erläutert Dominik Haupt, Hardware-Systemarchitekt bei Innogy. „Gleichzeitig legen wir bei unseren Ladesäulen Wert auf ein attraktives, modernes Design. Dazu gehört beispielsweise eine ansprechende Oberfläche aus einem Guss. Da die Produkte auch in den USA eingesetzt werden sollten, musste das Material die dort vorgeschriebene Flammschutzklasse erfüllen.“ In der funktionalen Ausgestaltung des Designs konnte Pöppelmann K-Tech seine jahrzehntelange Erfahrung in der Kunststoffbranche ausspielen. Bei der Materialauswahl spielten Festigkeit, mechanische Stabilität und Bruchverhalten eine entscheidende Rolle. Der schließlich gewählte Kunststoffverbund weist im Außeneinsatz eine hohe Beständigkeit auf und zeichnet sich durch beste Flammschutzeigenschaften entsprechend der Klasse UL94-V0 aus.
Schnell verfügbare Muster dank Rapid Prototyping
Die Entwicklungsschritte in der Konstruktion wurde durch Rapid Prototyping unterstützt. Dafür entwickelten die Pöppelmann-Experten aus den Entwürfen zunächst CAD-Modelle. In der additiven Fertigung wurden dann innerhalb kürzester Zeit Kleinserien aus unterschiedlichsten Materialien produziert. Dabei griff der Kunststoffspezialist auf viele verschiedene Verfahren und Nacharbeitsschritte zurück. Dominik Haupt erläutert: „Wir erhielten sehr schnell einen Eindruck von dem jeweiligen Bauteil. Da für die Prototypen ein Material verwendet wurde, das annähernd dem für die Serienfertigung vorgesehenen Material entsprach, konnten wir gleich einen guten Eindruck von der Haptik und Festigkeit gewinnen. So wurden die Entwürfe immer weiter optimiert, und wir sind in mehreren Schritten zur finalen Konstruktion gelangt.“
Vor allem der Gehäusedeckel muss höchste Anforderungen an Passgenauigkeit und Dichtigkeit erfüllen, da die Ladeboxen oftmals ungeschützt im Freien angebracht werden und weder Feuchtigkeit noch Staub eindringen dürfen. Die Abdeckung wird in einem mehrstufigen Spritzgussprozess aus vier verschiedenen Kunststoffkomponenten gefertigt. Verschiedene Tests in Dichtigkeitskammern bei Pöppelmann stellten sicher, dass der Deckel optimal auf der Gehäuseschale sitzt und für eine zuverlässige Abdichtung sorgt. Zur weiteren Abdichtung der Wallbox fanden die Experten eine Lösung bei der Division Pöppelmann Kapsto, die Kappen und Stopfen herstellt, die empfindliche Bauteile während der Fertigung, der Lagerung und dem Transport vor Beschädigung und Verschmutzung schützen. Ein passender Artikel aus dem Standardsortiment, der Verschlussstopfen GPN 300 V112, wird zur Abdichtung der Ladebox gegen die Wand eingesetzt.
Smarte Wallbox an der Wand oder Stele – Sie entscheiden
Die fertige smarte Wallbox besteht aus der Dockingstation, der Montagewanne und einem Frontdeckel. Ihre Anbringung ist flexibel, sie lässt sich entweder an die Wand montieren oder auf eine Stele setzen. Die drei Wallbox-Modelle eignen sich für sämtliche Fahrzeuge mit Typ-2/CCS 2 Anschluss (Europa) oder Typ-1/CCS 1 Anschluss (USA). Die smarten Ladeboxen lassen sich über eine App steuern und bieten dem Anwender viele nützliche Features und Funktionen, etwa Informationen zum Stromverbrauch.
2019 gingen die Bauteile für Ladeboxen in Serienproduktion, bedienen nun den boomenden Markt der Elektrofahrzeuge und sind auch im Rahmen des Zuschussprogramms verfügbar, solange die Gelder vorhanden sind. Die Kooperation hat die beiden Partner auf einem ganz anderen Gebiet vorangebracht: „Für uns war die Zusammenarbeit gleichzeitig der Einstieg in das Rapid Prototyping“, so Haupt. „Inzwischen besitzt auch unsere Entwicklungsabteilung einen eigenen 3D-Drucker.“
Die Autorin Sabrina Krechmann ist Marketingbeauftragte für K-Tech bei Pöppelmann.
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