08.10.2015 – Kategorie: Fertigung & Prototyping, Hardware & IT
Schruppen und Schlichten neu erfunden
hyperMILL MAXX Machining ist das neue Performance-Paket für hocheffizientes Schruppen und Schlichten der OPEN MIND Technologies AG. Mit der innovativen CAM-Lösung lässt sich viel Zeit einsparen bei gleichzeitig hoher Qualität. Von Karl Obermann
In Technik und Wirtschaft werden Verbesserungen von einigen Prozentpunkten bejubelt, zum Beispiel ein System, das um zehn Prozent schneller läuft oder ein Motor, der einige PS mehr hat.
Dass es aber bei Fräsarbeiten möglich ist, um Faktoren schneller zu werden – was bereits Anwender bestätigten –, das ist außerordentlich und lässt sich nur mit einem echten Technologiesprung begründen.
OPEN MIND macht einen solchen Sprung nach vorne. Mit dem neuen Performance-Paket hyperMILL MAXX Machining beginnt gewissermaßen eine neue Ära des Fräsens. Alles, was man bisher über Fräszeiten aus der Praxis wusste, muss neu gedacht werden: Es geht viel, viel schneller.
Power mal zwei
hyperMILL MAXX Machining ist ein hocheffizientes Power-Paket für das Schruppen und Schlichten. Beide Module ermöglichen ein großes Einsparpotenzial bei gleichzeitig hohen Qualitätsansprüchen.
Das Schruppmodul ist die Lösung für High-Performance-Cutting-Bearbeitungen (HPC) in trochoidalen Werkzeugbewegungen. Diese Operationen sind nicht nur deutlich schneller als konventionelles Schruppen, sondern bieten auch weitere Vorteile.
Das Schlichtmodul umfasst die Bearbeitung von Ebenen und Freiformflächen mit unterschiedlichen Tonnenfräsern. Beim Vorschlichten und Schlichten sind deutliche Beschleunigungsfaktoren möglich, die man gerne mit sechs-, acht- und zehnmal schneller oder gar noch höher ansetzen darf – bei besserer Oberflächenqualität gegenüber der Bearbeitung mit Kugelfräsern.
Schneller schruppen
Bereits seit über vier Jahren bietet OPEN MIND Strategien für die HPC-Bearbeitung an, die es erlauben, deutlich höhere Spanvolumina pro Zeiteinheit zu erzielen und gleichzeitig Werkzeuge und Maschinen zu schonen. Die Zyklen lassen sich für 2D-, 3D- und 5-Achs-Simultanaufgaben einsetzen und zwar voll integriert in das Gesamtsystem. Für die Erzeugung der trochoidalen Werkzeugbahnen wird im Gleichlauf gearbeitet, Vollschnitte und abrupte Richtungswechsel lassen sich vermeiden. Die Bearbeitung beginnt mit dem Eintauchen des Werkzeugs und dem annähernd spiralförmigen Abfahren von Werkzeugbewegungen, die sich am Ende immer mehr der Sollkontur nähern. Der Fräser arbeitet hierbei weitgehend mit der Mantelseite. Ein innovativer Algorithmus des Systems sorgt dafür, dass immer das gleiche Volumen pro Fräszahn abgetragen wird. Damit kann man das Werkzeug optimal auslasten, aber nicht überlasten und es entsteht ein insgesamt großes Spanvolumen pro Zeiteinheit. Mit anderen Worten, es lässt sich innerhalb kürzester Zeit ein sehr hoher Materialabtrag erzielen.
Voraussetzung für eine optimale Bearbeitung ist auch eine dynamische Anpassung des Vorschubs an die vorhandenen Schnittbedingungen. Der Anwender gibt also keine festen Werte für den Vorschub an, sondern „Best-case“-Eckdaten, die die jeweilige Werkzeugmaschine und das Werkzeug fahren können. Der Werkzeugweg wird dann unter Berücksichtigung des Spanvolumens und eines harmonischen Verlaufs automatisch berechnet. Die Schrupp-Strategien sind sowohl für weiche als auch für sehr harte Werkstoffe geeignet.
Die Praxistauglichkeit steht mittlerweile außer Frage, wie sich schon bei zahlreichen Anwendern gezeigt hat. Die zu erzielenden Geschwindigkeitsvorteile liegen zwischen 20 und 70 Prozent, je nach Aufgabe. Im Durchschnitt werden oft 30 bis 50 Prozent erreicht.
Daneben gibt es weitere Vorteile: Durch den „sanften“ Eingriff der Werkzeuge werden diese geschont, wodurch die Standzeit steigt.
Schneller schlichten
„Als einer der ersten CAM-Hersteller hat sich OPEN MIND mit der Bearbeitung durch spezielle Fräser auseinandergesetzt, die sehr große Radien nutzen“, so Peter Brambs, Principal Engineer of Product Innovation bei OPEN MIND.
Das Ergebnis ist das Schlichtmodul in hyperMILL MAXX Machining. Eine hocheffiziente Methode für das Vorschlichten und Schlichten von Ebenen und Freiformflächen mit verschiedenen Tonnenfräsern. Erst im Zusammenspiel mit den richtigen CAM-Strategien können diese Werkzeugtypen ihr volles Potenzial in der industriellen Anwendung entfalten.
Das Optimierungspotenzial ist so groß, dass Bearbeitungen mit Tonnenfräsern jetzt für zahlreiche Fertigungsunternehmen von großem Interesse sein dürften.
Bis zu 90 Prozent Zeiteinsparung
Speziell für die Ebenen-Bearbeitung hat OPEN MIND die neue Strategie „Tangentiales Ebenenschlichten“ entwickelt. Wird diese zusammen mit dem neuen konischen Tonnenfräser eingesetzt, lassen sich Zeiteinsparungen von bis zu 90 Prozent realisieren. Aufgrund der großen Radien der konischen Tonnenfräser, zum Beispiel R = 500 Millimeter, sind Bahnabstände von sechs und acht Millimetern durchaus machbar. Daraus resultieren stark verkürzte Fräszeiten. „Bei einem aktuellen Praxisbeispiel geben unsere Kunden eine Laufzeitverkürzung von drei Schichten auf drei Stunden an“, sagt
Peter Brambs, „da steckt locker der Faktor acht drin.“ Und das bei optimalen Oberflächenqualitäten.
Die CAM-Innovation „Tangentiales Ebenenschlichten“ ist sowohl für einfache als auch für schwer zugängliche Ebenen einsetzbar. Da alle Werkzeugbahnen nicht nur automatisch, sondern auch kollisionsgeprüft erzeugt werden, ist eine hohe Prozesssicherheit gegeben.
Bauteile mit vielen unterschiedlichen Ebenen, wie sie beispielswiese im Werkzeug- und Formenbau vorkommen, bieten ein großes Potenzial.
Werkzeugradius und Zustellung
Wie sind die hohen Oberflächenqualitäten bei reduzierten Bearbeitungszeiten zu erreichen? Im Wesentlichen geht es hierbei um das Zusammenspiel zweier Aspekte: dem Werkzeugradius und der Zustellung. Diese beiden Größen bestimmen die Oberflächengüte eines Werkstücks.
Die Qualität der Oberfläche sinkt mit der Größe des Bahnabstandes und steigt mit zunehmendem Werkzeugdurchmesser. Das drückt auch folgende Tabelle aus:
Werkzeugdurchmesser Zeilensprung Rautiefe
10 mm 0,2 mm 0,001 µm
10 mm 1,0 mm 0,025 µm
150 mm 0,2 mm 0,066 µm
Wer also eine kurze Bearbeitungszeit erreichen möchte, zum Beispiel mit einem Zeilensprung von 5 anstatt 0,5 Millimeter, muss den Werkzeugradius um ein Vielfaches vergrößern, um gleichzeitig eine geringe Rautiefe zu erreichen.
Zur Veranschaulichung ein Zahlenspiel: Wird für eine bestimmte Rautiefe ein Fräser mit 500 Millimetern Radius benötigt, muss im Arbeitsraum ein Werkzeug mit 1.000 Millimeter Durchmesser zum Einsatz kommen. Man kann schnell erkennen, dass dies keine Lösung ist.
Wesentlich bessere Ergebnisse lassen sich erreichen, wenn nur ein Teil des Kreises, ein sogenanntes Kreissegment, am Fräser abbildet wird. Im hyperMILL MAXX Machining-Schlichtmodul kommen unterschiedliche Werkzeugtypen in Tonnenform zum Einsatz:
• allgemeine Tonnenfräser
• tangentiale Tonnenfräser und
• konische Tonnenfräser
„Alle genannten Fräsertypen werden in hyperMILL komplett unterstützt und sind zudem kollisionsgeprüft, wie man es sonst auch von unserem System kennt“, erläutert Peter Brambs.
Die Werkzeugdefinition in hyperMILL ist schnell und einfach. Bei der Simulation lassen sich die neuen Fräsertypen genauso einsetzen wie konventionelle Werkzeuge.
„Die Programmierung gestaltet sich einfacher als bei Kugelfräsern“, betont Peter Brambs. Aus der Praxis ist zu hören, dass die Programmierung der Tonnenfräserbahnen nur halb so lange dauert als beim Einsatz von Kugelfräsern.
Bis jetzt unterstützen folgende 5-Achs-Zyklen die automatische Ausrichtung der genannten Fräser:
• tangentiales Ebenenschlichten
• Tangentialfräsen
• 5-Achs-Nachbearbeitung
• 5-Achs-Bearbeitung von Impellern, Blisks und Turbinenschaufeln
Weitere Zyklen sind in der Planungs- und Testphase und ermöglichen die kontinuierliche Erweiterung des Anwendungsspektrums.
Die beiden Module des Pakets sind voneinander unabhängig und können separat erworben werden. hyperMILL MAXX Machining wird mit der kommenden hyperMILL-Version 2016.1 verfügbar sein und erstmalig auf der EMO in
Mailand (5. bis 10. Oktober) in Halle 4 am Stand C10 gezeigt.rt |
Karl Obermann ist freier Fachjournalist in Großhabersdorf bei Nürnberg.
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