09.12.2010 – Kategorie: Fertigung & Prototyping, Hardware & IT, Management, Marketing, Sonstiges, Technik, eCommerce
Rückblick: Symposium zur Getriebetechnik
Effizienter, komfortabler, automatischer und fit für die Elektrifizierung – dies sind einige der wichtigsten Trends, die beim 9. Internationales CTI Symposium „Innovative Fahrzeug-Getriebe, Hybrid- und Elektroantriebe“ (29. November und 1. Dezember 2010, Berlin) thematisiert wurden.
"Der Komplexitätsgrad in modernen Getrieben hat einen Stand erreicht, der noch vor wenigen Jahren unvorstellbar gewesen ist", stellte Prof. Dr.-Ing. Ferit Küçükay (Technische Universität Braunschweig) zum Auftakt des 9. Internationalen CTI Symposiums "Innovative Fahrzeug-Getriebe, Hybrid- und Elektroantriebe" fest. Entwicklungen wie ein 8- oder 9-Gang-Automatik-Getriebe zeigten die enormen Technologiesprünge in der Getriebetechnik.
Mit über 900 Teilnehmern und 90 Vorträgen spiegele auch das diesjährige CTI Symposium die Vielfalt moderner Getriebe- und Antriebstechnologien wider. Die Elektromobilität beschäftige die Branche zwar immer mehr, dennoch würde aber weiterhin das Geld mit konventionellen Antrieben und ihren Verbesserungspotenzialen verdient. "Die weitere automobile Zukunft wird in absehbarer Zeit von unterschiedlichen Fahrzeugen und vielfältigen Antriebstechnologien geprägt sein", so Küçükay.
Effizienzsteigerungen bei BMW resultieren zu zwei Dritteln aus innovativen Antrieben
"Der Umgang mit Energie ist der Megatrend für die Entwicklung künftiger Antriebs- und Fahrzeugkonzepte", stellte Dr. Manfred Klüting (BMW AG) fest. Die weltweit stetig steigende Personenkilometerleistung zöge nachhaltige, ökologisch und sozial verträgliche Konzepte nach sich, die sich auch wirtschaftlich rechneten. Die zunehmende Urbanisierung sowie die Entwicklung in den BRIC-Staaten verändere und differenziere die Kundenanforderungen und Technologien noch weiter.
"Einen Königsweg wird es nicht geben", sagte Klüting. Dafür seien die globalen Anforderungen und unterschiedlichen nationalen Rahmenbedingungen zu verschieden. Während die klassischen Statussymbole "Zylinder" und "PS" immer mehr an Bedeutung verlören, würden Faktoren wie "Effizienz" "Umwelt" immer wichtiger.
Mit dem Maßnahmenpaket "BMW Efficient Dynamics" habe BMW bereits vor Jahren auf diesen neuen Trend reagiert und von 1995 bis 2008 CO2-Einsparungen von 25 Prozent realisieren können. Rund zwei Drittel dieses Erfolges seien durch Innovationen im Antrieb erreicht worden, so Klüting.
Ein stabiler Trend in der sich wandelnden Autoindustrie sei neben dem Downsizing und der Motoraufladung die Weiterentwicklung der Getriebe. BMW habe beispielsweise durch das 8-Gang-Getriebe Effizienzsteigerungen von acht Prozent erreicht, so der BMW-Entwickler. Die Potenziale manueller Getriebe seien nicht so groß, aber auch noch nicht ausgeschöpft. Für alle Getriebearten gelte, dass ihr Gewicht möglichst niedrig sein müsse. "Auch wenn die konventionelle Antriebe noch lange eine Rolle spielen werden, wird die Elektromobilität kommen", so Klüting weiter.
Der Erfolg von Elektrifizierungskonzepten hänge aber mehr vom Energiespeicher als vom Energiewandler ab. "Bei der Elektrifizierung des Antriebsstrangs werden konventionelle Getriebe zunächst noch weiter eine wesentliche Rolle spielen", führte Klüting aus. Auch dürften die Kosten der Hybridisierung nicht vergessen werden. Es stelle sich nicht nur die Frage, wie modular die Elektrifizierung gestaltet werden könne, sondern auch welche und wie viele Getriebe für die unterschiedlichen Konzepte wie Range-Extender oder Hybride nötig seien. Das Ziel der Kostenreduktion dürfe angesichts der großen Kosten für die Elektrifizierung nicht vergessen werden, schloss Klüting.
Zukunftsfähigkeit von Vierrad-Antrieben
Die erhöhte Nachfrage nach SUVs hat auch die Nachfrage nach der Allradtechnik belebt, stellte Gerd Bofinger (Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG) fest. Wegen des höheren Kraftstoffverbrauchs von Allrad-Fahrzeugen müsse aber die Zukunftsfähigkeit dieser Technik überprüft werden. Die Porsche AG habe eine lange Tradition bei der Entwicklung von Allrad-Fahrzeugen. Im Geschäftsjahr 2010 seien 67 Prozent der verkauften Fahrzeuge von Porsche mit einem Vierrad-Antrieb ausgestattet worden. Dies zeige, dass der Kunde nach wie vor von den Vorteilen der Technik überzeugt sei, so Bofinger. Auch bei den anderen Automobilherstellern der Anteil der mit Allradantrieben verkauften Fahrzeuge steigen würde.
Moderne Allradantriebe müssten nicht nur die Balance zwischen Agilität und Stabilität und eine hervorragende Beherrschbarkeit gewährleisten, sondern auch effizient sein. Mit der Hang-On-Kopplung und Gewichtsersparnissen im Antriebsstrang durch Leichtbau habe Porsche bereits wesentliche Effizienzsteigerungen erzielen können.
Im Vergleich zu anderen Allrad-Fahrzeugen sei Porsche heute bereits am effizientesten. Angesichts der ökologischen Verantwortung, sei Porsche mit dem Erreichten aber noch nicht zufrieden. Weitere Potenziale ergäben sich aus der optimierten Nutzung der Achsen und durch die Möglichkeiten von Hybrid-Antrieben. "Mit dem GT3 R Hybrid hat Porsche bereits gezeigt, wie effizient und leistungsstark ein Hybrid sein kann", betonte der Leiter der Getriebeentwicklung bei Porsche.
Durch die Einbindung von Elektromotoren in den Antriebsstrang und weiterer Verbesserungen bei der Energierückgewinnung, biete die Elektrifizierung weitere Chancen eine Performancesteigerung in der Allradtechnik zu erreichen.
Getriebe-Markt Indien
Einen Überblick über die Besonderheiten auf dem indischen Markt gab Dr. Tim Leverton (Tata Motors Ltd.). Seit der Liberalisierung 1991 habe die indische Automobil-Industrie ein enormes Wachstum erfahren. Neben indischen Playern seien heute fast alle internationalen OEM in Indien vertreten. Obwohl der indische Markt noch jung sei, seien die Kunden bereits anspruchsvoll, betonte Leverton. Um erfolgreich auf dem indischen Markt zu sein, müsse man das dortige Umfeld verstehen.
Das enorme Bevölkerungswachstum erzeuge einen erhöhten Mobilitätsbedarf und das Wirtschaftswachstum erhöhe die Kaufkraft. Es werde stark in die Verkehrsinfrastruktur investiert und die Urbanisierung und Erschließung des ländlichen Raumes verändere die Mobilitätsbedürfnisse in Indien. Kleine Fahrzeuge würden nach wie vor stark auf dem indischen Markt nachgefragt, aber gerade junge Käufer seien bereit, für Komfort und Image einen Mehrpreis zu bezahlen. Leverton unterschied den indischen Käufermarkt in drei Kundengruppen.
Neben Aufsteigern und Erstkäufern sei der Markt für Nutzfahrzeuge und Fahrzeuge zum gewerblichen Gebrauch (Dienstwagen, Taxis etc). entscheidend. Wegen der hohen Anzahl von Großfamilien würden allerdings auch immer mehr größere, preiswerte Fahrzeuge nachgefragt. Eine indische Besonderheit sei der dichte innerstädtische Verkehr. Dieser mache nicht nur erhöhte Sicherheitsanforderungen erforderlich, sondern sei langfristig auch für Start-Stop-Techniken sehr interessant. Wesentlich für den indischen Markt seien darüber hinaus auch die Kraftstoffpreise.
Leverton erinnerte daran, dass im Vergleich zur Kaufkraft die Benzinpreise in Indien am höchsten seien. Für C02-Reduzierung bestünde dagegen noch keine große Sensibilität und es gebe auch keine gesetzlichen Regelungen. Der Anteil der Fahrzeuge mit Schaltgetriebe in Indien sei gerade aus Kostengründen extrem hoch. Bei den PKW’s gäbe es allerdings eine steigende Nachfrage nach automatischen Getrieben, insbesondere nach DCT und CVT, während bei Nutzfahrzeugen wie Bussen ein großes Interesse nach alternativen Kraftstoffen und Hybrid-Optionen für den indischen Markt existiere, machte Leverton fest.
Optimierte CVTs – kraftstoffsparend und komfortabel
Auf die Besonderheiten des Marktes für CVT-Entwicklungen ging Kazutoshi Noma (Jatco Ltd.) ein. Traditionell sei der Anteil an CVTs in Japan am höchsten. Dennoch habe Jatco in den letzten Jahren auch in den Schwellenländern expandiert. Besonders die Verkehrsbedingungen in den asiatischen Großstädten zeigten deutlich die Vorteile von CVTs und versprächen ein verstärktes Marktinteresse.
Jatco arbeite weiter an der Optimierung dieser Technik und werde in den nächsten Jahren Stückzahlen von fünf Millionen erreichen. Im Moment produziere Jatco noch 2,8 Millionen CVT. Bei einer Steigerung der Produktion erwarte das Unternehmen auch weitere Kosteneffizienzen. Noma betonte weiter die noch bestehenden Potenziale dieser Technik zur weiteren CO2-Reduktion. Durch die Optimierung im neuen CVT von Jatco werde die Verbrauchsbilanz und das Fahrverhalten noch weiter verbessert, so Noma. Die neuen CVTs seien um zehn Prozent kleiner, 13 Prozent leichter und hätten 30 Prozent weniger Reibungsverluste.
Konventionelle Antriebe bleiben bestimmend
Ein Ergebnis der Podiumsdiskussion des 9. CTI Symposiums "Innovative Fahrzeug-Getriebe, Hybrid- und Elektroantriebe" war, dass konventionelle Antriebe noch lange nicht von Elektromotoren abgelöst würden. Allerdings differenziere sich die Getriebe- und Antriebstechnik angesichts der Elektrifizierung des Antriebsstrangs und der unterschiedlichen globalen Mobilitäts- und Fahrkomfortbedürfnisse noch weiter.
Einig waren sich die fünf Diskussionsteilnehmer Sebastian Feldmann (PRTM Management Consultants), Dr. Manfred Klüting (BMW AG), Dr. Tim Leverton (Tata Motors Ltd.) sowie Kazutoshi Noma (Jatco Ltd.) und Ulrich Plewnia (GiF Research Center China Co. Ltd.), dass sich der Elektromotor erst dann durchsetzten könne, wenn die Kostendifferenz zu einem konventionellen Antrieb kleiner werde.
Leverton und Plewnia schätzen auch die Einführung von Elektroautos auf dem chinesischen und indischen nicht so positiv ein, wie das über TED befragte Plenum. In den Megacities könnte die Elektromobilität zwar schneller Fuß fassen, insgesamt herrschten in China und Indien aber noch massive Stromversorgungsprobleme, so dass der zusätzliche Verbrauch der Elektroautos die Lage noch mehr verschärfen würde.
Während in Europa und Nordamerika die Hybridisierung und Automatisierung immer weiter voranschreite, würden in den Schwellenländern wegen der Kostenvorteile weiterhin manuelle Getriebe nachgefragt, stellten die Diskutanten weiter fest. "Man muss zwischen den alten und den neuen Märkten differenzieren", betonte Klüting. "In Europa und USA gewinnt die Verbrauchsreduktion immer mehr an Bedeutung und darum werden mehrgängige Automatik-Getriebe nachgefragt".
Energieversorger treiben Elektromobilität voran
Aus der Perspektive des Energieversorgers RWE beleuchtete Dr. Norbert Verweyen (RWE Effizienz GmbH) die Elektromobilität. Der Aufbau eines deutschlandweiten Infrastrukturnetzes für die Elektromobilität sowie die Vermarktung von Mobilitätsprodukten sei ein wichtiger Baustein für mehr Energieeffizienz. Er erinnerte daran, dass bis 2015 in den EU-Metropolen mit bis zu 300.000 Elektrofahrzeugen gerechnet werde.
Damit der Elektromobilität der Marktdurchbruch gelingen könne, bedürfe es einer übergreifenden Zusammenarbeit zwischen Energieversorgern und Automobilherstellern, um das Gesamtsystem von E-Auto und intelligenten Ladeinfrastrukturen austesten zu können. Um auch europaweit E-Autos anbieten zu können, sein Standards der Steckverbindungen zwischen Fahrzeug und Ladesäule unverzichtbar. Hier würden Energieversorger auch bereits an Roaming-Angeboten und an der Sicherstellung grenzübergreifender einheitlicher Bezahlsysteme arbeiten.
Die Autohersteller müssten sich der Herausforderungen stellen, dass die Kunden nur Elektro-Autos akzeptieren werden, die vergleichbar mit dem Komfort von Verbrennungsmotoren seien und ein schnelles Laden ermöglichten. RWE habe bereits wichtige Infrastrukturpartner wie APCOA, den ADAC oder Tankstellenbetreiber und Autovermieter gewonnen, um mit dem Roll-out der Ladeinfrastruktur in Europa zu beginnen.
Elektroautos verändern die Getriebewelt
Elektro- und Hybrid-Antriebe sowie die Herausforderungen der Elektromobilität waren in diesem Jahr auch Thema in vier der zehn Fachforen und bestimmten die Plenarveranstaltung am zweiten Tag. Auch wenn bis 2025 der Markt für Elektroautos noch klein sei, müsse die Zulieferindustrie auf den Trend zur Elektrifizierung reagieren, betonte Dr. Wolf-Ekkehard Krieg (ZF Sachs AG). Die Elektrifizierung mache andere Geschäftsmodelle nötig.
ZF Sachse reagiere darauf bereits mit der Produktion von Hybrid- und Elektroantrieben. "In den nächsten 40 Jahren müssen 90 Prozent CO2-Reduktion erreicht werden", stellte Masanori Ueda (Nissan Motor Co. Ltd.) fest. Dies könne nur mit Elektro- und Brennstoffzellen-Fahrzeuge erreicht werden. Die Batterie sei für den Erfolg der Elektroautos der Schlüssel. Die Energiebereitstellung, die Energiespeicherung und die Optimierung der Mobilität durch intelligente Verkehrsprojekte seien für die Elektromobilität entscheidend.
Mit den neuen Konzepten der Li-Ionen Batterien könne bereits doppelt so viel Kraft und Energie gespeichert werden als mit konventionellen Li-Ionen-Batterien. Dazu seien die beschichteten LI-Ionen Batterien auch nur halb so groß, sagte Ueda. Der Batterieindustrie müsse es gelingen in allen Bereichen Kosten zu reduzieren.
"In den letzten zehn Jahren haben wir mehr Innovationen hervorgebracht als in den letzten 50 Jahren", stellte Bernd Eckl (GETRAG Corporate Group) fest und verwies auf die großen Effizienzsprünge bei Doppelkupplungsgetrieben. Eine Herausforderung bleibe die Kostenseite, auch wenn Effizienz und Fahrverhalten von DCTs weit überlegen seien. Als zentraler Regler im Antriebsstrang von parallelen und seriellen Hybriden sowie von Range Extendern und Elektrofahrzeugen werde das Getriebe seine Bedeutung auch bei einer zunehmenden Elektrifizierung behaupten, betonte Eckl.
Insgesamt spiegelte das CTI Symposium in diesem Jahr die gute Stimmung in der Autoindustrie wider. Die Teilnehmer und Aussteller lobten die Veranstaltung als "den wichtigsten Treffpunkt für Getriebe- und Antriebsspezialisten weltweit". Im nächsten Jahr feiert das Symposium sein 10-Jähriges Jubiläum mit einem besonders attraktiven Programm vom 5. bis 8. Dezember 2011 (Hauptsymposium 6. und 7. Dezember 2011) wieder in Berlin.
Die Ergebnisse der diesjährigen TEF-Umfrage finden Sie hier:
www.konferenz.de/presse/ted_getriebe2010
Mehr: www.car-training-institute.com und www.getriebe-symposium.de
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