22.10.2015 – Kategorie: Branchen, Fertigung & Prototyping
Roboter in der Montage: Verschraubt und verpackt in Sekunden
Dass gerade das Unternehmen „Dosier- und Prüftechnik“ (kurz D+P) den Zuschlag zum Bau der Anlage erhielt, ist kein Zufall. Das Unternehmen hat sich seit seiner Gründung im Jahr 1986 auf die Bereiche Dosieren, Prüfen und Montieren konzentriert. In den letzten Jahren rückte bei D+P der Sondermaschinenbau stärker in den Fokus und man hat sich einen Namen gemacht.
Bei der automatisierten Montage von Schraubverbindern für Energieverteilsysteme waren die klassischen D+P-Kernkompetenzen gefragt. Prinzipiell geht es darum, in „Grundkörper“ Messingeinsätze einzuschrauben. Dabei spielen die Schraubmontage, die exakte Befettung sowie jede Menge Prüftechnik wichtige Rollen.
Trotz aller Expertise entpuppte sich die Aufgabe als große Herausforderung, wie D+P-Geschäftsführer Tobias Faaß betont: „Zum einen mussten wir ein Höchstmaß an Flexibilität erreichen, um alle 64 Produktvarianten abdecken zu können, zum anderen musste die Anlage sehr platzsparend gehalten werden, da mit 40 Quadratmetern nur relativ wenig Produktionsfläche zur Verfügung stand. Mit einem durchdachten Konzept und dem Einsatz von vier kompakten Robotern konnten wir die Kundenwünsche auf elegante Weise lösen.“
Der Blick auf das Produktspektrum der Schraubverbinder unterstreicht die Herausforderungen für die automatisierte Montage. Die einzelnen Varianten unterscheiden sich erheblich voneinander. Die Abmessungen der Grundkörper reichen von 30 bis 300 Millimeter Länge bei Durchmessern von 20 bis 60 Millimetern. Hinzu kommen unterschiedliche Ausführungen in Form und sogar Bauweise. Die eigentliche Montageaufgabe ist jedoch in jedem Fall die gleiche: Messingeinsätze in exakt definierter Einschraubtiefe in die Grundkörper einzubringen.
Vier Roboter für zehn Stationen
Zum Einsatz kommen vier Präzisionsroboter des Herstellers Stäubli, darunter zwei Scaras und zwei Sechsachser. Zehn Stationen weist die Anlage insgesamt auf. Ohne auf jedes Detail eingehen zu wollen, stellt sich der Montageablauf im Groben folgendermaßen dar: Nach dem manuellen Auflegen der Grundkörper kommt bereits der erste Sechsachser (Ein TX60) zum Einsatz. Er holt mit einem Innengreifer den Grundkörper ab, fährt damit zu einem Kamerasystem, an dem Typprüfung und Drehwinkeljustage stattfinden.
An dieser Station stehen auch noch die Nadelprägung sowie die Tintenstrahlbedruckung auf dem Programm, ehe der Sechsachser die so identifizierten und gekennzeichneten Grundkörper an das Werkstückträgersystem übergibt.
An der nächsten Station findet das eigentliche Einschrauben der Messing-Gewindeeinsätze statt. Dazu holt sich einer der Scaras (ein TS60) einen Einsatz an der Zuführstation ab, legt diesen auf einer definierten Richtposition ab, an der eine Feinjustierung der exakten Greifposition erfolgt, fährt anschließend zu einer Befettstation und weiter zur Einschraubposition am Grundkörper. Hier wartet eine anspruchsvolle Aufgabe auf den TS60: Der Vierachser muss nun den Gewindeeinsatz präzise am Grundkörper ablegen und anschließend mit seiner Schraubspindel hochgenau bis zur definierten Einschraubtiefe eindrehen. Die Werkstoffkombination – Grundkörper aus Aluminium, Gewindeeinsatz aus Messing – sowie die Ausführung aller Varianten in Feingewinde tragen nicht zur Vereinfachung der Schraubprozesse bei.
Schlüsselkomponenten der Anlage
„Der Schraubstation kommt eine Schlüsselstellung innerhalb der Anlage zu“, erklärt Faaß. „Deshalb und aus Taktzeitgründen haben wir diese Station identisch ein zweites Mal ausgeführt. Damit erreichen wir einerseits die vorgegebenen Taktzeiten, können aber andererseits im Notfall bei einer Störung an einer der Stationen mit verringertem Output weiterarbeiten. Die Scaras erledigen ihren Job hier nicht nur unglaublich schnell, sondern auch mit der geforderten Präzision. Immerhin muss die Einschraubtiefe nahezu auf 0,2 Millimeter genau passen. Die hervorragende Performance der Vierachser ist von entscheidender Bedeutung für Output und Zuverlässigkeit der gesamten Anlage.“
Um auf Nummer sicher zu gehen, durchlaufen alle Grundkörper nach der Montage eine weitere Bildverarbeitungsstation, an der weitere Kameras die Einschraubtiefe kontrollieren. Im nächsten Schritt passieren die montierten und kontrollierten Grundkörper die letzte Roboterstation. Hier entnimmt ein zweiter TX60 den kompletten Schraubverbinder vom Werkstückträger und fährt zu einer Station, an der noch die Stirnseiten des Grundkörpers befettet werden.
Performance entscheidend
Wieder sind es die Faktoren Speed und Präzision, die Faaß an den Stäubli-Robotern betont: „Der TX60 fährt hochdynamisch die definierte Position an, stoppt abrupt und hält den Grundkörper präzise für die Befettung durch entsprechende Dorne parat. Nachzittern oder kleinste Ungenauigkeiten sind diesen Robotern gänzlich fremd.“ Anschließend übergibt der TX60 die fertigen Schraubverbinder an eine Verpackungsstation.
Dank seiner ausgezeichneten Dynamik gelingt es dem TX60, eine weitere Aufgabe zu erledigen. Der Sechsachser greift sich auch noch die sogenannte Pillendose, in der sich über Rütteltöpfe zugeführte Kleinteile wie Abdeckkappen, Reduzierhülsen und Bedienungsanleitung befinden, passiert damit eine weitere Bildverarbeitungsstation und übergibt den Inhalt nach erfolgter „i.-O.-Prüfung“ ebenfalls an die Verpackungseinheit. Hier werden Schraubverbinder und Kleinteile in zwei unterschiedlichen Schlauchbeuteln verpackt.
„Der Sechsachser an dieser Station wird bis an seine Leistungsgrenze sowohl hinsichtlich seiner Reichweite als auch seiner Dynamik gefordert“, räumt Matthias Haschka, Leiter Steuerungstechnik bei D+P ein: „Aber dafür gibt es gute Gründe. Erstens hatten wir kaum Platz für einen größeren Roboter und zweitens verhält sich ein kleiner, leichterer Roboter eben dynamischer als ein großer, schwerer.“ Den Stäubli-Robotern traut er dieser Ausreizung bedenkenlos zu.
Taktzeit 18 Sekunden
Die Montageanlage mit all ihren Abfragen, Sensoren und Bildverarbeitungssystemen, die allesamt einem Ziel dienen: Qualität zu produzieren, erfüllt trotz der Komplexität die Vorgaben zur Verfügbarkeit und den Taktzeiten. Für den kompletten Ablauf in der Anlage vergehen für Montage und Verpackung einer definierten Produktvariante gerade einmal 18 Sekunden.
Zu diesem Erfolg trage der Roboterlieferant zu einem nicht unwesentlichen Teil bei, resümiert Tobias Faaß. Nicht nur wegen der Qualität und Performance der Roboter selbst, sondern auch dank der kompetenten Unterstützung in der Projektierungsphase, während der Anlagenrealisierung und später im laufenden Betrieb. jbi
Ralf Högel ist technischer Autor aus Stadtbergen.
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