18.01.2012 – Kategorie: Fertigung & Prototyping, Hardware & IT, Technik
Produktoptimierung mittels Data-Mining
Divis unterzeichnet Kooperationsvertrag mit der BMW Group zur gemeinsamen Weiterentwicklung der Software ClearVu Analytics, die eine effizientere Modellierung in der digitalen Produktentwicklung ermöglicht.
Die divis intelligent solutions GmbH, Dortmund hat Ende 2011 mit der BMW Group einen Kooperationsvertrag zur gemeinsamen Weiterentwicklung von ClearVu Analytics unterzeichnet. Die Software von divis wird zur Metamodellierung in der digitalen Produktentwicklung eingesetzt. ClearVu Analytics wird aufgrund seiner Funktionalität von BMW als Standardsoftware für die datengetriebene Modellierung experimenteller oder simulationsbasierter Daten verwendet.
Nutzen der Metamodellierung
Bei der Entwicklung anspruchsvoller Produkte sind meist viele unterschiedliche Einflussgrößen zu berücksichtigen. Die Produkteigenschaften werden u.a. von konstruktiven Parametern wie Geometrie und den ausgewählten Materialien, aber auch von fertigungsbedingten Einflüssen bestimmt. Die Wechselwirkungen dieser Einflussgrößen und deren Beitrag zum Produktverhalten sind oftmals schwer vorauszusagen, auch bei langjähriger Erfahrung in der Produktentwicklung. Das erhöht Aufwand und Kosten sowohl für Simulation und Optimierung als auch für reale Tests.
Eine sehr effektive Lösung für solch komplexe Aufgabenstellungen stellt ClearVu Analytics (CVA) von divis mit seinen fortschrittlichen Prognosemodellen dar. CVA analysiert auf der Basis vorhandener Test- oder Simulationsdaten den Einfluss aller Parameter auf die relevanten Produkteigenschaften und erlaubt zuverlässige Vorhersagen, wie sich Parameteränderungen auf das Produktverhalten auswirken. ClearVu Analytics setzt dazu hochentwickelte, lineare und nicht-lineare Analysemethoden (unter anderem Methoden der Computational Intelligence) ein und ermöglicht die optimale Nutzung selbst kleiner Datenbestände.
Ziel ist es, die Gesamt-Entwicklungskosten durch eine intelligente Reduzierung der Anzahl der benötigten realen Experimente und digitalen Iterationen zu minimieren. CVA modelliert die Ergebnisse vorhandener Experimente oder Simulationen mittels unterschiedlicher Methoden und vergleicht die Prognosequalität der Modelle untereinander. Das integrierte Optimierungstool kann auf dieser Basis Erfolg versprechende Parameter-Konfigurationen für die angestrebten Produkteigenschaften vorschlagen. Das ermöglicht eine besonders effiziente Versuchs- und Simulationsplanung. CVA sorgt selbst bei einer großen Anzahl von Einflussgrößen für gute Vorhersagen und Optimierungsmöglichkeiten (auch im Falle mehrkriterieller Aufgabenstellungen) mit geringem Aufwand.
Metamodellierung: Praxistauglich und erprobt
Für den Einsatz dieser Technologie ist kein mathematisches Expertenwissen nötig. Die Modellbildung unter ClearVu Analytics erfolgt automatisch. Aussagekräftige graphische Darstellungen unterstützen die Entscheidungsfindung im Produktentwicklungsprozess.
CVA wird bereits seit längerem in der Automobilindustrie etwa bei der Strukturoptimierung eingesetzt. Zum Leistungsumfang der divis GmbH gehört neben der kontinuierlichen Weiterentwicklung von CVA auch die kundenspezifische Anpassung der Software. Die einfachste Form dieser Anpassung besteht in der Implementierung spezifischer Datenschnittstellen zu den Kundendatenquellen. Diese gewährleistet die bestmögliche Integration von ClearVu in den Kunden-Arbeitsprozess.
Hintergrund – Modell und Wirklichkeit
Modelle und Simulationsmodelle kann man sich als vereinfachte Versionen eines definierten Teils der Welt oder einer digitalen Konstruktion vorstellen. Welche Parameter und Wechselwirkungen zwischen einzelnen Einflussgrößen das Modell berücksichtigt, ist immer auch eine Frage der Pragmatik bzw. des Zwecks und der Einfachheit des Modells.
Vereinfacht aus gutem Grund
So ist die kinetische Gastheorie ein Beispiel für ein äußerst elegantes und einfaches physikalisches Modell. Sie stellt zugleich eine starke Vereinfachung der physikalischen Wirklichkeit dar. Sie sieht nämlich bspw. davon ab, dass die Gasmoleküle eine Ausdehnung haben. Für viele Voraussagen zum Verhalten eines Gases ist diese Vereinfachung völlig unproblematisch. Beispielsweis lässt sich die physikalische Größe Druck auf die Kollisionen der massebehafteten Moleküle mit der Wand eines Behälters zurückführen, auch wenn diese Moleküle im Modell als punktförmig angenommenen werden. Doch sie stößt in dieser Vereinfachung irgendwann an Grenzen. So stimmen Vorhersagen und experimentelle Ergebnisse für einatomige Gase gut überein. Für zwei- und mehratomige Gase müssen die Modellvorstellungen aber verfeinert werden.
Abstraktion, Vereinfachung schränken immer den Geltungsbereich von Modellen ein, sie machen die Welt aber auch erst (mit vertretbarem Aufwand und unter bestimmten Bedingungen) „berechenbar“, gerade weil sie von unwesentlichen Faktoren absehen. Die Schwierigkeit bei der Theoriebildung besteht im Finden der wesentlichen Parameter und Beziehungen.
Modelle in der Entwicklung – Data Mining
Wie der Physiker Modelle der Welt entwickelt und mit diesen Modellen rechnet, so müssen auch in der digitalen Produktentwicklung geeignete Modelle entwickelt werden. Doch was ist ein geeignetes Modell? Welche Parameter und Wechselwirkungen sind zu berücksichtigen?
Bei der methodischen Beantwortung dieser Fragen helfen moderne statistische Methoden des Data-Mining. Data-Mining setzt, ähnlich wie das naturwissenschaftliche Experiment, Modell und Wirklichkeit bzw. digitale Konstruktion in Beziehung zueinander, indem konkurrierende Modellierungsansätze und Einflussgrößen vorab auf der Basis vorhandener Daten untersucht werden. Data-Mining hilft aber auch, neue Zusammenhänge und Muster in großen Datenbeständen aufzufinden (explorative Datenanalyse). Die Korrespondenz zwischen Prognose und tatsächlich beobachtetem Verhalten ist ein Maß für die Validität und Zweckmäßigkeit eines Modells. Dies lässt sich mit Data-Mining-Software methodisch bewerten, noch bevor einzelne Simulationsmodelle durchgerechnet oder Experimente mit realen Prototypen durchgeführt werden.
Data-Mining nutzt Daten aus Experimenten oder Simulationsdaten zur automatischen Modellierung einer Fragestellung. Hierfür werden Methoden der Statistik angewendet. Mit Hilfe automatischer Modellierungstechniken und einer ausgefeilten Modellqualitätsbestimmung werden vorhandene Datenbestände analysiert und Modelle gebildet. Das Ergebnis sind sogenannte Metamodelle, also Modelle über Modelle. Metamodelle prognostizieren, wie sich Designparameter verhalten, wenn man sie nach einem bestimmten Modell berechnen würde. Mit den vorhandenen empirischen Daten lässt sich damit die Adäquatheit eines Modells bewerten. Data-Mining ist, wenn man so will, ein virtuelles Experiment mit einem Modell als Untersuchungsobjekt.
Die Auswahl an Modellen dient dann z.B. der Planung von Simulationen oder Experimenten. Die Vorauswahl per Data-Mining sorgt dafür, dass mitunter zeitintensive FEM-Berechnungen, Simulationen und Versuche deutlich reduziert werden können. Dies bietet große Einsparpotentiale in der Automobilentwicklung, wenn man bedenkt, dass ein Simulator je nach Komplexität der Aufgabenstellung mehrere Stunden bis Tage an der Auswertung einer Struktur rechnet.
Data-Mining stellt die digitale Produktentwicklung auf eine solidere empirisch-statistische Basis. Der Prozess der Modellbildung wird dadurch zwar ein Stück weit vom individuellen Wissen und der Erfahrung des einzelnen Konstruktionsingenieurs entkoppelt, macht die Modellbildung aber andererseits ergebnisoffener und weniger von „Intuition“ geleitet. Holzwege in der Produktentwicklung können so frühzeitig ausgeschlossen werden.
ClearVu Analytics von divis ist eine leistungsfähige Software, um unterschiedliche Modelle für bestimmte Anwendungen oder Optimierungsaufgaben durchzuspielen und ihre Aussagekraft zu bewerten. Da man mit jedem Modell die Zusammenhänge und Wechselwirkungen aus einer anderen Perspektive kennenlernt, gelangt man so letztlich zu einem besseren Verständnis des Produkts.
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