12.07.2021 – Kategorie: Fertigung & Prototyping

Produktionsoptimierung: Neue Software ermöglicht 3D-Fabriksimulation

ProduktionsoptimierungQuelle: Visual Components

Um Prozesse und Abläufe im Fertigungsbereich zu verändern, kam man bei AGCO früher um einen kostspieligen Produktionsstopp nicht herum. Mithilfe einer Software für 3D-Fabriksimulation können die Planer heute alle Szenarien zunächst am digitalen Zwilling durchspielen.

Produktionsoptimierung – aber wie? AGCO gehört zu den weltweit größten Herstellern und Anbietern von Landmaschinen. Verkauft werden sie unter Marken wie Fendt oder Massey Ferguson. Im Fendt-Werk im bayrisch-schwäbischen Asbach-Bäumenheim fertigen, schweißen, lackieren und montieren rund 1200 Mitarbeiter Fahrerkabinen in unterschiedlichen Ausführungen für Traktoren und selbstfahrende Ernte- und Pflanzenschutzmaschinen.

Produktionsoptimierung beim Traktorbau

Die Lieferungen der Fendt-Kabinen zur Traktormontage erfolgt Just-In-Time und Just-In-Sequence. Das heißt, die Teile werden in derselben Reihenfolge gebaut, wie sie am Montageband im Fendt-Werk in Marktoberdorf benötigt werden.

Automatisierte Rohrbearbeitung

Wesentlicher Bestandteil der Kabinen ist eine Struktur aus gebogenen und geschweißten Rohren. Die Rohre werden zunächst aus einem Langgutlager automatisiert bereitgestellt und dann ebenfalls automatisch einem Rohrlaser zugeführt und geschnitten. Anschließend werden die Rohre an Biegeanlagen weitergegeben, die durch Roboter bestückt und entladen werden. Als letzter Schritt vor dem Verschweißen werden die Rohre durch einem 3D-Laser auf Fertigkontur geschnitten; auch dies geschieht automatisiert.

Nach der Rohrbearbeitung werden die Rohre zu Rohrrahmen zusammengeschweißt. Neueste Schweißtechnologien und innovative Schweißroboter kommen dabei zum Einsatz. Dank passgenauem Zuschnitt und modernen Schweißverfahren ist es möglich, ergonomische Kabinen mit gewölbter Frontscheibe zu produzieren.

Produktionsoptimierung: Roboterabläufe virtuell verbessern

Die Planungsabteilung von AGCO, die für Produktionsoptimierung und Anlagenbeschaffung zuständig ist, wollte in der Rohrbearbeitung Roboterabläufe optimieren und Verbesserungen an einzelnen Zellen vornehmen. Die Rohrbearbeitung besteht aus insgesamt sechs miteinander verketteten Anlagen mit hohem Automatisierungsgrad. Um solche Untersuchungen und Änderungen durchzuführen, musste bisher die Produktion angehalten werden, was hohe Kosten mit sich brachte. Also suchte die Planungsabteilung nach einer günstigeren Alternative.

Als Methode wurde entschieden, den recht komplexen Fertigungsbereich durch einen digitalen Zwilling abzubilden, um Abläufe zu verbessern, Optimierungen an den Fertigungszellen vorzunehmen und deren Folgen zu simulieren. Damit soll auch eine Diskussionsgrundlage für weitere Optimierungen geschaffen werden, zum Beispiel sollten in einer Zelle noch weitere Tätigkeiten vom Roboter erledigt werden.

Produktionsoptimierung
In der Rohrbearbeitung können Roboterabläufe virtuell optimiert werden.
Bild: Visual Components

Nebenzeiten minimieren

Die Fertigungsplaner von AGCO fanden die Lösung in Gestalt der Software für die 3D-Fabriksimulation des finnischen Lösungsanbieters Visual Components. Mit dieser Software lassen sich vollständige Fertigungssysteme konzipieren und optimieren; auch die Offline-Programmierung von Robotern ist möglich. Die Software simuliert den gesamten Fertigungsablauf und die reibungslose Zusammenarbeit zwischen Robotern, Laserschneid- und Rohrbiegemaschinen. Dank der Simulation können die Nebenzeiten minimiert werden, und es lassen sich Fragestellungen wie Erreichbarkeit durch Roboter und die Vermeidung von Kollisionen klären.

Norbert Pritzl von AGCO, der das Projekt durchgeführt hat, berichtet: „Uns kam es nicht darauf an, gleich im ersten Schritt alle Anlagen im Detail nachzubilden. Wichtig waren diejenigen Anlagen, bei denen Veränderungen anstanden. Das Ergebnis der Simulation war sehr zufriedenstellend. Wir konnten beispielsweise Erreichbarkeitsuntersuchungen an den Anlagen durchführen, die zuvor zu einem Produktionsstopp geführt hätten. Und wir konnten realitätsnah die Taktzeiten analysieren, die vorher nur geschätzt werden konnten.“

Simulation schrittweise ausrollen

Das Projekt wurde schrittweise erweitert, weil die Planer gelernt hatten, welche Möglichkeiten die Software von Visual Components bietet. Sie haben also mit einem kleinen Bereich angefangen und rollen die Simulation nach und nach über den gesamten automatisierten Bereich aus. In Zukunft will man weitere Bereiche der Fertigung mit der Simulationslösung von Visual Components optimieren.

Bei der Einführung einer neuen Softwarelösung erwartet man üblicherweise, dass der Umgang mit dem ungewohnten Tool eine gewisse Herausforderung darstellt. Jedoch nicht in diesem Fall, denn die gute Kommunikation mit dem Service von Visual Components und die Schulungen halfen den Mitarbeitern der Planungsabteilung sehr.

Auch die mitgelieferte Komponentenbibliothek war sehr hilfreich: Fast alle Anlagen der Rohrfertigung ließen sich mit Robotern und anderen Fabrikelementen darstellen, die in der Bibliothek bereits enthalten waren. Bei nicht vorhandenen Komponenten wurde improvisiert oder diese im CAD-System nachgebildet und auf diesem Wege in Visual Components eingefügt. Sehr hilfreich war hierbei zudem, dass die Software Schnittstellen zu einer großen Anzahl von CAD-Systemen besitzt.

„Dank Visual Components können wir Szenarien in der Produktion durchspielen, die vorher nur mit einem Produktionsstillstand und durch aufwändige Versuche an der Produktionsanlage durchgeführt werden konnten,“ stellt Pritzl fest. „Jetzt können wir auch neue Konzepte genau abbilden, um damit Angebote, beispielsweise von Anlagenbauern, einzuholen. Dies spart uns viel Zeit in der Projektabwicklung. In der Vergangenheit mussten wir versuchen, mit vielen Terminen vor Ort, aufwändigen Präsentationen und detaillierten Beschreibungen einen gemeinsamen Konsens zu erreichen. Visual Components erleichtert uns die Kommunikation mit internationalen Anlagenbauern.“

Optimierungsgedanken auch künftig schneller umsetzen

Die Reaktion im Unternehmen auf die Möglichkeiten von Visual Components sei sehr positiv; viele Mitarbeiter in der Planungsabteilung hätten auf ein solches Tool gewartet, heißt es. Auch für die Lieferanten von Produktionsanlagen stelle es eine Erleichterung dar, da ihnen schneller verständlich sei, was die gewünschte Anlage leisten soll.

„Wir werden Visual Components auch bei anderen Projekten einsetzen,“ so Pritzl. „Wir arbeiten im Moment an der Layoutplanung einer neuen Schweißhalle und der Optimierung der Montage. Wir haben jetzt die Möglichkeit, einen Optimierungsgedanken schnell und einfach visuell abzubilden und zu simulieren. Das wird zu vielen weiteren Projekten führen und damit zu weiteren Optimierungen in der Fertigung.“

Der Verfasser Dipl.-Ing. Wolfgang Lynen ist freier Autor.

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