28.01.2016 – Kategorie: Technik
Per Kooperation zu Mehrwert in der klinischen Diagnose
Fluidik-Spezialist Bürkert und der Medizintechniker Biosystems kennen sich schon länger. Für ein neues Analysesystem wurde die Zusammenarbeit noch enger. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. von Daniela Krahn
Seit Beginn der 1980er Jahre entwickelt und produziert das spanische Unternehmen Biosystems Analysegeräte für Untersuchungslabore auf der ganzen Welt. Am Hauptsitz in Barcelona sitzt die Forschungs- und Entwicklungsabteilung und kümmert sich um Herstellung und Vermarktung der Analysatoren und Geräte. Mit zugeschnittenen Systemen verfolgt Biosystems das Ziel, einen wichtigen Beitrag zur menschlichen Gesundheit zu leisten.
Smart Efficiency – gemäß diesem Leitsatz hat das Unternehmen das neue biochemische Analysegerät BA400 entwickelt, das der klinischen Untersuchung von Blutproben in der Humanmedizin dient. Es führt mittels eines optischen Lichtsystems auf LED-Basis turbidimetrische Untersuchungen (durch Trübungsmessung) und Untersuchungen der klinischen Chemie durch. In enger Zusammenarbeit mit dem Systemhaus des Fluidik-Spezialisten Bürkert entstand eine modulare, kundenspezifische Lösung zur Dosierung der für die Analyse benötigten Flüssigkeiten.
Blutanalyse auf hohem Niveau
Bereits seit einigen Jahren arbeitet Biosystems mit Bürkert zusammen. Vor der Neuentwicklung lieferte der Fluidik-Spezialist eine Vielzahl unterschiedlicher Komponenten für die verschiedenen Analysesysteme des Herstellers. Viele Einzelkomponenten bedeuten in der Beschaffung und der Wartung allerdings einen erhöhten Kostenaufwand. Bei der Entwicklung seiner Geräte legt Biosystems aber nicht nur Wert auf die Zuverlässigkeit und Genauigkeit – eine in der klinischen Diagnostik unabdingbare Eigenschaft –, sondern auch auf Kosteneffizienz und Flexibilität.
Deshalb ist der neue Analysator auch auf einen hohen Durchsatz bei optimalem Kosteneinsatz ausgelegt. Um Kosten einzusparen und Prozesse zu verbessern, dachten die Ingenieure von Biosystems über die Entwicklung einer universell einsetzbaren Dosiereinheit nach, die sich nicht nur für das neue System, sondern modular für alle Analysatoren des breitgefächerten Portfolios eignen sollte.
Eine nicht unbedeutende technische Herausforderung, denn die gesamte Dosiereinheit besteht aus fünf integrierten Komponenten: der Injektionseinheit, zwei Ventilen, einem Drucksensor und einem Filter auf einem transparenten Kunststoffspritzteil. Je nach Ausführung der Analysegeräte wird eine unterschiedliche Anzahl an Dosiereinheiten benötigt. Aus diesem Grund stand sehr schnell fest, dass die neue Lösung einen modularen Aufbau haben muss, die je nach Bedarf eine einzelne Verwendung erlaubt oder sich in beliebiger Anzahl einsetzen lässt. Hinzu kommt, dass die Mikrofluidik, also der Steuerung von Flüssigkeiten auf kleinstem Raum, eine sehr hohe Dosierpräzision fordert.
Die Ingenieure von Biosystems entschlossen sich daher, das umfangreiche Wissen und die Expertise von Bürkert Fluid Control Systems zu nutzen, was schließlich zu einer entsprechenden Kooperation führte, die über eine reine Lieferantenbeziehung hinausgeht. Die Aufgabenstellung des Kunden war schnell definiert: Es galt, ein modular aufgebautes System für das Dosiersystem zu entwickeln, das höchst präzise eine Flüssigkeitsmenge von nur zwei Mikrolitern dosieren kann. Die Dosiergenauigkeit wird durch die Pumpe von Biosystems gewährleistet, nicht durch das neu entwickelte System.
Standardisiert zu zwei Mikrolitern
Zwei Mikroliter. Das ist so wenig, das man es mit dem bloßen Auge kaum sehen kann. Man vertraute auf den Kooperationspartner aus Deutschland und setzte auf eine Synergie in der Zusammenarbeit. Mit der neuen Dosiereinheit wurde schließlich eine „One-for-all“-Lösung gefunden, die sich in der Anzahl und der Funktion der eingesetzten Ventile variieren lässt. Auch der Aufbau mit oder ohne Druckschalter ist variabel, so dass Biosystems die neue Dosiereinheit in jedem Gerät einsetzen kann. Gleichzeitig ist die von den beiden Partnern entwickelte Lösung zuverlässiger und ökonomischer als die vorhergehenden Systeme.
Die neue Dosiereinheit bildet eines der Kernstücke des neuen Analysegeräts, das zur In-vitro-Diagnose dient. Das einzige, was der Anwender tun muss, ist, den Analysator mit den entsprechenden Proben und den Reagenzien zu bestücken. Anschließend übernimmt das Gerät die vollautomatische Analyse von bis zu 400 Proben in der Stunde. Daneben zeichnet sich das neue Gerät durch einen niedrigen Wasser- und einen geringen Materialverbrauch aus. Auf diese Weise kann der Analysator durchgängig acht Stunden arbeiten, ohne dass die Behälter aufgefüllt oder geleert werden müssen.
System nach Maß
Um die Durchflussströme in der neu entwickelten Dosiereinheit exakt und zuverlässig zu messen, zu regeln und zu steuern, nutzte Biosystems den gesamten Erfahrungsschatz zu fluidischen Systemen des Bürkert-Systemhauses. Beide Unternehmen besitzen in ihrem Bereich weitreichende Kompetenzen. Aber erst durch die Kombination der spezifischen Fähigkeiten waren sie in der Lage, eine einzigartige und innovative Lösung für diese anspruchsvolle Dosieraufgabe zu realisieren. Sehr wichtig für die spanischen Ingenieure war die Bereitschaft von Bürkert, vor der Lösungsfindung genau hinzuhören und exakt auf die Anforderungen von Biosystems einzugehen. Bürkert bietet sowohl ein umfangreiches Spektrum an Standardprodukten als auch eine entsprechende Erfahrung in der Konzeption von Systemlösungen aus einer Hand, was die Auswahl von Biosystems mit Bürkert als geeigneten Partner wesentlich beeinflusst hat.
Basisarbeit und Detailentwicklung
Die Basis der Neuentwicklung stellen das Magnetventil Typ 127 (2/2- oder 3/2-Wege-Magnetventil) und das direktwirkende mediengetrennte 3/2-Wege-Wippen-Magnetventil 6628 dar. Beide Ventile verfügen über eine sogenannte Wippentechnologie, die nicht nur eine volle Rückdruckdichtheit, eine gute Spülbarkeit und ein geringes internes Volumen, sondern auch ein präzises Schalten kleinster Volumina auch aggressiver Medien bei minimalstem Temperaturanstieg der Spule gewährleistet. Aber die Fluidspezialisten lieferten mehr als nur die Lösung für die Steuerung der Flüssigkeitsströme.
Eine wesentliche Funktion in der Blutanalyse ist die Detektion und Prävention von Luftblasen, die die Analyseergebnisse erheblich verfälschen können. Bürkert hat daher bei der Ausführung der Dosiereinheit raue Oberflächen, Toträume und scharfe Kanten vermieden. Eine besondere Herausforderung stellte auch das vom Kunden zur visuellen Kontrolle gewünschte transparente Sichtfenster dar, das oberhalb der Dosiereinheit und unterhalb des Aufbaus mit Ventilen und Drucksensor angebracht werden sollte. Bürkert entwickelte ein Kunststoffspritzteil aus transparentem Kunststoff, das im Bereich der Dosiereinheit eine sehr hohe Oberflächenqualität ohne scharfe Kanten aufweist.
Mehrwert und Reddot überzeugt
Da sich die neue „One-for-all“-Dosiereinheit nun in mehreren Analysatoren anwenden lässt, wirkt das Prinzip „hohe Stückzahlen – niedrige Herstellungskosten“, so dass am Ende beide Partner von der gefundenen Lösung profitieren können. Biosystems von einem kostengünstigen, universell einsetzbaren Bauteil, Bürkert von der größeren Bestellmenge des Blutanalysespezialisten.
Neben seiner technischen Umsetzung überzeugt das neue Analysegerät außerdem mit seiner formalen Ausführung und seinen optischen Eigenschaften. „Das BA400 besticht durch seine dynamisch geschwungene Linienführung, eine komprimierte, in sich geschlossene Form sowie nachhaltige Umwelteigenschaften“, begründete die Jury des Reddot Awards 2014 ihre Entscheidung, das Gerät für herausragendes Produktdesign auszuzeichnen. (jbi)
Daniela Krahn ist Segment-Managerin „Micro“ bei Bürkert Fluid Control Systems.
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