05.11.2022 – Kategorie: Fertigung & Prototyping

Monitoring-System: Prozessparameter in der additiven Fertigung einfach optimieren

Quelle: stock.adobe.com/ipopba

Als Hersteller von Werkzeugstahl beliefert Voestalpine insbesondere die Kunststoffspritzgussindustrie unter anderem mit additiv gefertigten, maßgefertigten Werkzeugeinsätzen. Wie das Unternehmen die Bauprozesse dieser Einsätze optimiert, darüber hier mehr.

Voestalpine beliefert als weltweit tätiger Hersteller und Lieferant von Werkzeugstahl unter anderem Kunden in der Kunststoffspritzgussindustrie. Dabei entwickelt das Unternehmen maßgeschneiderte Lösungen in Form von Einsätzen, Schiebern, Filtern und Rührwerken für verschiedene Anwendungen. Die maßgeschneiderten Einsätze, die Voestalpine für Geschäftspartner wie Eisenhuth und Artc Singapore sowie für andere im Bereich des Kunststoffspritzgusses tätige Unternehmen herstellt, werden additiv gebaut. Konstruktions- und Druckparameter müssen optimiert werden, um den speziellen Anforderungen jedes Kunden zu entsprechen. Anomalien können jedoch die Wiederholbarkeit und Präzision des additiven Herstellungsverfahrens beeinträchtigen und sich direkt auf die Leistung der gedruckten Bauteile auswirken, daher ist eine umfassende Qualitätssicherung nötig. Ein spezielles Monitoring-System sorgt heute für geringere Laboraufwände und optimierte Prozessparameter.

Produktlösungen für jedes Problem

Dabei ist Voestalpine noch weit mehr: Der weltweit tätige Stahl- und Technologiekonzern agiert mit etwa 500 Konzerngesellschaften und -Standorten in mindestens 50 Ländern. Das Unternehmen beschäftigt etwa 49.000 Menschen. Mit seinen Produkt- und Systemlösungen ist Partner der Automobil- und Hausgeräteindustrie sowie der Luftfahrt-, Öl- und Gasindustrie. Insbesondere liefert Voestalpine Bahninfrastruktursysteme, Werkzeugstahl und Spezialprofile.

Werkzeugeinsätze additiv fertigen

Bei der direkten Kühlung konventionell gefertigter Werkzeugeinsätze besteht häufig ein inhomogenes Temperaturprofil um das Formteil. Wird hier nicht entsprechend gegengesteuert, kann es zu Verzug und höheren Ausschussraten kommen. Für die Herstellung konturnaher Kühlkanäle hat sich die additive Fertigung (AM) etabliert. Doch mit den Erfahrungen,n die Voestalpine mit AM gesammelt hat, ist sich das Unternehmen bewusst, dass eine schnelle, anwendungsspezifische Optimierung des Prozesses auch viele Herausforderungen mit sich bringt. Bei der Optimierung der Druckprozessparameter können verschiedene Anomalien auftreten, wenn ungeeignete Einstellungen angewendet werden.

Validierung der Prozessparameter basierend auf einer Testmatrix vor und nach der Optimierung. Bild: Voestalpine
Darstellung des gemessenen Prozessverhaltens vor (rote Markierungen, links) und nach Optimierung der Parameter (grüne Markierungen, rechts). Bild: Voestalpine

Monitoring-System: Mögliche Fehler im Prozess

Diese Anomalien können die Wiederholbarkeit und Präzision des Prozesses beeinträchtigen und sich direkt auf die Eigenschaften des additiv gefertigten Werkzeugeinsatzes auswirken. In solchen Bereichen führen ungeeignete Belichtungsstrategien, die sich aus einer höheren Eingangsleistung oder falschen Belichtungsmustern ergeben, zu einem übermäßigen Energieeintrag, der die Fließviskosität des geschmolzenen Metalls verringert und die Wahrscheinlichkeit der Oxidation erhöht. Ist die Benetzbarkeit verringert, bilden sich hervortretende Oberflächenbereiche, die zu lokalen Verformungen führen. In extremen Fällen bilden sich kugelförmige Elemente auf der Oberfläche, die zu einer höheren Eigenspannung des Bauteils und zu dessen Verzug führen können. Unregelmäßigkeiten können auch durch die unkontrollierte Ablagerung von Nebenprodukten des Prozesses entstehen, die durch ungünstige Prozessparameter begünstigt werden.

Solche Nebenprodukte entstehen beim Zusammentreffen von Laser und Pulverbett während des Bauverfahrens. Dabei baut sich während der Verdampfung ein hoher Dampfdruck auf. Dieser reicht aus, um Schmelzpartikel aus der Oberfläche des Pulverbetts herauszuschleudern. Auch durch das eingeleitete Inertgas kann es vorkommen, dass sich Pulverpartikel vom Pulverbett lösen. Das richtige Zusammenspiel aus optimierten Prozessparametern und der richtigen Konstruktion, Ausrichtung und Positionierung der Bauteile vorausgesetzt, lassen sich diese Nebenprodukte des Bauprozesses durch die Inertgasströmung erfolgreich entfernen. Ungünstige Belichtungsparameter und Strömungseinstellungen können jedoch während des 3D-Druckvorgangs und der Optimierung zu einer unkontrollierten Ablagerung von Nebenprodukten führen, was sich auf die Oberflächenbeschaffenheit des additiv gefertigten Bauteils und auf dessen mechanische Eigenschaften auswirkt. Gleichzeitig wird die Wahrscheinlichkeit einer Oxidation erhöht.

Um optimale Prozessparameter zu erhalten, wird im Allgemeinen ein iterativer Ansatz gewählt, bei dem Bauteile zuerst gedruckt und dann umfangreiche Laboranalysen ihrer Eigenschaften unterzogen werden. Tests werden durchgeführt und die Prozessparameter angepasst. Jedoch sind solche Laboranalysen teuer und zweitaufwändig. Eine bessere Lösung war gefragt.

Konstruktive Anpassungen und Monitoring

Um die Herausforderungen zu meistern, hat sich Voestalpine dazu entschieden, seine AM-Werkzeugeinsätze mit konturnaher Kühlung auf dem System EOS M 290 zu fertigen. Um die Kühleffizienz des Kreislaufs zu erhöhen, wurde der Mindestdurchmesser des Kühlkanals auf fünf Millimeter vergrößert. Als Werkstoff wählten die Ingenieure Uddeholm AM Corrax beziehungsweise Böhler M789 Ampo, da diese für ihre Korrosionsbeständigkeit bekannt sind und sich ideal für den Formenbau eignen. Um die gewünschte Kombination aus Bauteileigenschaften, Konstruktion und Leistung zu erzielen, mussten mehrere Bauteile gebaut und metallographischen Analysen und mechanischen Tests unterzogen werden. Die Ergebnisse wurden dann mit den über die Monitoring-Suite Eostate erhaltenen Daten in Beziehung gesetzt. Die in der Suite integrierten Werkzeuge „Exposure OT“ und „MeltPool Monitoring“ ermöglichen eine Signalüberwachung, sodass sich lokal bildende Defekte in Echtzeit erkennen lassen.

Die Monitoring-System-Analyse ergab beispielsweise, dass die Bereiche, durch hohen Energieeintrag für Überhitzung anfällig sind, in den kurzen Laserpfaden des Belichtungsmuster liegen. Das Monitoring-System zeigte zudem, dass bei gefertigten Bauteilen Bereiche mit ungenügender Dicke zur Ausbildung von Anomalien neigen. Über die von den Ergebnissen dieser Analyse abgeleiteten Maßnahmen lässt sich der Energieeintrag dynamisch an die Bauteilgeometrie anpassen, indem die Laserleistung während des 3D-Druckprozesses heruntergefahren wird.

Monitoring-System-Ergebnisse

Mithilfe des Monitoring-Werkzeugs Exposure OT war es möglich, die Anzahl an iterativen Baujobs zu verringern, die anderenfalls notwendig gewesen wären, um die Prozessparameter zu entwickeln und anzupassen. Dies führte zu geringeren Kosten für den 3D-Druck selbst und und für Laboraufwände. Das wiederum wirkte sich positiv in der Gesamtrendite des Investments zur Entwicklung von AM-Kunststoffspritzgussformen aus. Durch die additive gefertigten Einsätze profitierten dadurch die Voestalpine-Kunden von beträchtlichen Verbesserungen bei Zykluszeit und der Produktqualität der Spritzteile. Die optimierte Topologie hat zudem die Gesamtmasse des Werkzeugs reduziert. Durch die präzise Anwendung Reduktionsfaktors für die Laserleistung konnte ein homogenes Prozessverhalten erreicht werden, das zu einer besseren Bauteilqualität führte. Zudem wurde die Schichtdicke der additiv gefertigten Einsätze von 30 auf 60 Mikrometer erhöht, wodurch die Bauraten verdoppelt und die Durchlaufzeiten in der Produktion verkürzt werden konnten.

Der Autor Mirco Schöpf ist Product Line Manager Software bei EOS GmbH Electro Optical Systems.

Lesen Sie auch: Mehr Bionik für die neuen Ventilatoreinheiten


Teilen Sie die Meldung „Monitoring-System: Prozessparameter in der additiven Fertigung einfach optimieren“ mit Ihren Kontakten:


Scroll to Top