14.05.2013 – Kategorie: Management

Herausforderungen im Projektmanagement

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DIGITAL ENGINEERING Magazin (DEM): Herr Lipinsky, was sind aktuell die größten Herausforderungen in den Entwicklungsprojekten und wie haben sich die Anforderungen verändert?

Markus Lipinsky: Die Art und Weise, wie in Entwicklungsprojekten gearbeitet wird, hat sich in den letzten Jahre enorm gewandelt: Beispielsweise finden Projekte in der Produktentstehung heute in weltweit verteilten Netzwerken mit zahlreichen Lieferanten und Partnern statt. Immer mehr einzelne spezialisierte Teams arbeiten parallel. Dadurch steigt der Organisations- und Koordinationsaufwand für den Projektleiter enorm. Gleichzeitig nimmt der Anteil der Software in den Produkten deutlich zu, und die Innovationszyklen werden kürzer. Unternehmen müssen daher besonderes Augenmerk auf die Projektausführung legen und den Projektleitern die Tools an die Hand geben, um die Projektprozesse wirksam zu steuern.
Merkwürdig ist dabei, dass sich die Projektmanagement-Methodik in den letzten 30 Jahren kaum weiterentwickelt hat. Die Art und Weise, wie Menschen im Produktentstehungsprozess zusammenarbeiten müssen, hat sich in dieser Zeit aber massiv gewandelt. Teamarbeit spielt eine größere Rolle, Kollaboration ist das A und O und Agilität wichtiger denn je. Die klassische Strategie sieht so aus, dass der Projektleiter alles top down steuert, damit stößt er aber immer mehr an seine Grenzen und bringt sein Projekt selbst in Gefahr.

Markus Lipinsky, CEO von Actano.

DEM: Tradition muss ja kein Fehler sein, wo konkret liegen die Schwierigkeiten des „klassichen Ansatzes“? 

Markus Lipinsky: Die Netzplantechnik ist beispielsweise stark hierarchisch und statisch aufgebaut, Termine berechnen sich automatisch: Kommt es beispielsweise zu Verschiebungen oder Änderungen in Projekten, verschiebt die Software automatisch alle Termine, die damit „starr“ verknüpft sind. In verteilten Entwicklungsnetzwerken von heute führen diese automatischen Verschiebungen und Änderungen ohne Zustimmung der jeweiligen Verantwortlichen meist zu nicht mehr kontrollierbaren Handlungen der Projektbeteiligten. Die Falle dabei ist, dass sich die Probleme im statischen Netzplan erst langsam und dann immer schneller aufbauen. Anfangs sieht also alles noch machbar aus, bis dann schließlich der ganze Planungshorizont auf einen Schlag zusammenbricht und Ressourcen nicht mehr rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden können. Wir kennen das aus einschlägig bekannten Projekten, über die in letzter Zeit viel berichtet wurde.

DEM: Wie also muss die Produktentstehung der Zukunft gestaltet sein, um Projekte weiterhin erfolgreich zu steuern?

Markus Lipinsky: Das veränderte, stärker vernetzte und agile Projektumfeld muss sich in der Projektsteuerungssoftware widerspiegeln. Diese muss eine Projektplanung ermöglichen, die die Prozessdynamik beherrscht und Agilität in der Produktentstehung fördert. Verzögerungen, Terminverschiebungen oder neue Deadlines müssen transparent gemacht werden, sodass die jeweils Betroffenen die Konflikte im Sinne einer Lösungsfindung gezielt steuern können, um dadurch nicht das ganze Projekt ins Wanken zu bringen.
Vor diesem Hintergrund wurde in RPlan bereits vor dem Siegeszug des Internets in den 90er Jahren die Methode des kollaborativen Projektmanagements entwickelt: Kern dieses Ansatzes ist ein dezentrales Projektmanagement, bei dem Projektleiter Planungseckdaten festlegen, die Detailplanung aber bei den einzelnen Projektteams liegt. So wird die Planungs- und Steuerungsverantwortung jeweils von der Stelle wahrgenommen, die auch die inhaltliche Projektverantwortung trägt. Die Fachexpertise der einzelnen am Projekt beteiligten Teams steht im Vordergrund, und ihre Eigenverantwortlichkeit wird unterstützt. Kommt es zu Veränderungen im Ablauf, werden die betroffenen Teams automatisch benachrichtigt. Im direkten persönlichen Austausch lassen sich gemeinsam Lösungen finden und gegebenenfalls neue Termine festlegen und Prozesse restrukturieren. Eine automatische Terminverschiebung, die in andere Projektbereiche hineinreicht, findet nicht statt.
Ein weiteres zentrales Thema ist die Vernetzung von verschiedenen Systemen im Projektmanagementumfeld. Hierzu ist vor allem die Anbindung von Product-Lifecycle- und Daten-Management- sowie Enterprise-Resource-Planning-Systemen zur Synchronisierung von Produkt- und Projektdaten mit dem Lieferanten notwendig.
Wir haben hierzu bereits erfolgreiche Kundenlösungen realisiert, in denen sich RPlan an Systeme wie SAP, Teamcenter und Windchill andockt. Auch Lösungen, die jüngst im Eclipse-Umfeld entstanden sind, können angebunden werden. Der Kundennutzen hierbei ist die Durchgängigkeit von Produktdaten aus der Produktstruktur und deren Überführung in sinnvolle Projektprozesse.

DEM: Nicht jeder Projektpartner verfügt über die gleiche Projektsteuerungssoftware. Wie lassen sich externe Partner durchgängig in die Planung integrieren?

Markus Lipinsky: Um Externe schnell und durchgängig in die Produktentstehung einzubeziehen, eignet sich das Cloud-Modell hervorragend. Im Vergleich zu projektabhängigen Eigeninstallationen bei Partnern oder Zulieferern spart es wesentlich Kosten und Zeit. Die RPlan-Cloud-Lösung ist beispielsweise innerhalb von 48 Stunden verfügbar. Sie lässt sich von jedem Ort und Unternehmen der Welt aus sofort nutzen und sorgt so für eine einfache und schnelle Integration externer Entwicklungspartner und Lieferanten. Darüber hinaus bieten Cloud-Lösungen betriebswirtschaftlichen Nutzen: Mit Pay-per-Month-Modellen sind die Kosten transparent und über Nutzungsdauer und -umfang flexibel gestaltbar. Da keine Investitionen in Hardware, Infrastruktur oder Softwarelizenzen nötig sind, entfallen außerdem aufwendige Investitionsfreigaben.
Unabhängig vom Cloud-Modell ist das Einbinden von externen Partnern in die Produktentstehung aber grundsätzlich eine gewisse Gratwanderung zwischen zwei zentralen Anforderungen, die es zu lösen gilt: Für eine durchgängige Transparenz müssen alle Projektbeteiligten – also auch externe Partner und Zulieferer – aktiv und vollwertig in die Produktentstehung eingebunden werden. Gleichzeitig muss aber die Sicherheit der eigenen Daten für alle Seiten gewährleistet sein. Das heißt: Die Partner dürfen nur die für sie notwendigen Informationen erhalten und keinen Einblick in unternehmensinterne und zukunftsrelevante Innovationen nehmen.

DEM: Können Sie abschließend anhand eines Beispiels aus Ihrer Praxis veranschaulichen, wie Projekte mit vielen verteilten Kooperationspartnern gesteuert werden können?

Markus Lipinsky: Ein gutes Beispiel für erfolgreiches Projektmanagement in verteilten Netzwerken ist unser Cloud-Kunde StreetScooter: Das Unternehmen ist ein Spin-off der RWTH Aachen. Es entwickelte zusammen mit einem Konsortium von zahlreichen Unternehmen und Forschungseinrichtungen ein Elektroauto speziell für Kurzstrecken. Aufgrund der zahlreichen Partner, die an der Produktentstehung beteiligt sind, kamen natürlich viele verschiedene Softwarelösungen parallel zum Einsatz. Hier galt es, die Projektsteuerung der verteilten externen Partner mit unterschiedlicher Projektsteuerung und Methodik in Einklang zu bringen. Denn nur durch einen durchgängigen Informationsfluss zwischen allen Beteiligten und einen richtigen Mix aus stabilen Strukturen und möglichst großer Flexibilität ist eine effiziente und hochwertige Produktentstehung zu realisieren.
Seit August 2012 steuert StreetScooter seine Projekte nun komplett über RPlan. Innerhalb von nur zwei Tagen war der Produktentstehungsprozess in der Cloud-Lösung abgebildet. Die Software wurde speziell für solche komplexen sowie unternehmens- und branchenübergreifenden Projekte wie StreetScooter entwickelt. Im Gegensatz zu Lösungen mit klassischer Netzplantechnik, etwa Microsoft Project, ermöglicht RPlan, dass die Planungsverantwortung jeweils von der Stelle wahrgenommen wird, die auch die inhaltliche Verantwortung trägt. myRPlan bietet hierzu personalisierte Sichten, um auf allen Hierarchieebenen und für alle Projektbeteiligten ihre jeweiligen Verantwortungsbereiche und die Einbettung in das Gesamtprojekt transparent zu machen und aktiv zu steuern. Auf dieser personalisierten Ebene erfolgt auch das integrierte Maßnahmen- und Risikomanagement. Gleichzeitig liefert eine zentrale Datenbasis – unter dem Motto „so viel Information wie nötig, so viel Sicherheit wie möglich“ – für alle Beteiligten aktuelle und einheitliche Planungsstände. Der Umfang der ausgetauschten Daten wurde dabei im Vorfeld gemeinsam von allen beteiligten Partnern definiert.
Auf diese Weise unterstützt kollaboratives Projektmanagement auch bei verteilten Projekten mit vielen Kooperationspartnern durchgängige und erfolgreiche Teamarbeit sowie die geforderte Agilität. Die Methode schafft Transparenz und Verlässlichkeit zwischen allen Projektpartnern.

DEM: Herr Lipinsky, vielen Dank für dieses Gespräch.

Die Fragen stellte Jan Bihn, Redakteur.


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