17.08.2022 – Kategorie: Management
Field Service: So gelingt die Digitalisierung im Außendienst
Nach rund zwei Jahren voller Remote Work und virtuellen Meetings tourte IFS als Sponsor der „Future of Field Service Tour“ durch Paris, London, Frankfurt, Stockholm und Austin, um Kunden und Partner endlich wieder persönlich zu treffen.
Im Interview berichtet Sarah Nicastro, Vice President of Customer Advocacy bei IFS, über die aktuellen Trends und
Herausforderungen im Außendienst (Field Service).
Welche Trends sehen Sie für den Außendienst im Jahr 2022?
Sarah Nicastro: Unternehmen haben allgemein mit der Rekrutierung, Einstellung und Bindung von Mitarbeitern zu kämpfen. Technologie ist zwar ein mächtiger Wegbereiter, aber die größten Herausforderungen und damit auch Chancen liegen in der Regel immer noch bei den Mitarbeitern. Fast alle Unternehmen befinden sich in einem Stadium, in dem sie von Transaktions- und Reparaturdiensten zu ergebnisorientierten Dienstleistungen übergehen – und das ist eine enorme Veränderung für das Geschäft.
Field Service: Manuelle Aufgabe automatisieren
Mit welchen Service-Innovationen lässt sich der Geschäftserfolg denn fördern?
Nicastro: Um gute Ergebnisse zu erzielen, braucht man konsistente Daten und Einblicke. Unerlässlich ist dafür ein starkes Basissystem, das Transparenz und Einblicke in Echtzeit ermöglicht und von dem aus operiert werden kann. Durch die Automatisierung manueller Aufgaben lassen sich Ressourcen optimieren. Zudem sind Prognosen und dynamische Planungen wichtig, um die optimale Kundenerfahrung zu bieten. Außerdem sind Self-Service und Remote-Service treibende Innovationen, da Unternehmen die Servicebereitstellung weiterentwickeln müssen, um mit den Kundenerwartungen Schritt zu halten.
Was sind die größten Herausforderungen für den Erfolg eines modernen Außendienstes?
Nicastro: Viele Veränderungen sind sehr komplex. Um den Field Service zu optimieren, muss nicht allein die Technologie, sondern es müssen auch die Prozesse verbessert werden. Serviceumwandlung bedeutet also auch Geschäftsumwandlung. Um hier erfolgreich zu sein, bedarf es einer integrierten Sichtweise, und Strategie, genauso wie einer allgemeinen unternehmensweiten Ausrichtung auf Strategien für den Service. Silos müssen aufgebrochen werden. Dazu sind nicht nur Strategie und System von Relevanz, sondern auch die richtigen Mitarbeiter. Die Veränderungen des digitalen Ökosystems fordern ebenfalls heraus: Es ist zwar großartig, dass heute so viele ausgefeilte Tools zur Verfügung stehen. Aber wenn man zu viele Dinge zusammenfügt, kann die Komplexität die Erwartungen auch beeinträchtigen.
Von der Transaktion zum ergebnisorientierten Geschäft
Was erwartet der Kunde von morgen?
Nicastro: Aus meiner Sicht ist ein unternehmensweiter Wandel notwendig. Kundenbedürfnisse und die Erwartung an Ergebnisse haben sich verändert. Kunden fordern immer mehr Einblicke in Echtzeit und erwarten von ihren Dienstleistern, dass sie vertrauenswürdige Berater sind, die ihnen Daten und Wissen zur Verfügung stellen. Als Vision für 2025 sehe ich den Übergang vom Transaktionsgeschäft zum ergebnisorientierten Geschäft.
Komplexität von Dienstleistungen beherrschen
Inwieweit prägt die Digitalisierung bereits jetzt die Zukunft der Dienstleistung?
Nicastro: Unternehmen müssen die Komplexität von Dienstleistungen beherrschen, um ihren Kunden Einfachheit und Nahtlosigkeit zu bieten. Dies lässt sich nur durch einen zusammenhängenden Ansatz erreichen. Die Kunden von heute verlangen die gleichen digitalen Erfahrungen, die wir alle in unserem persönlichen Leben schätzen. Denken Sie an Amazon, Uber, Netflix – das ist die Messlatte, an der heute jedes Unternehmen gemessen wird, nicht nur Verbraucherunternehmen. Für viele Hersteller und Dienstleistungsunternehmen ist es eine große Herausforderung, sich darauf einzustellen und damit Schritt zu halten, aber es ist unerlässlich
Inwiefern sind die Entwicklungen im Service und das Thema Nachhaltigkeit miteinander verbunden?
Nicastro: Je mehr Tools Mitarbeitern, Außendiensttechnikern und Kunden für die virtuelle Zusammenarbeit zur Verfügung stehen, desto weniger sind wir auf Besuche vor Ort angewiesen, was sich positiv auf die Umwelt auswirkt. Das bedeutet nicht, dass wir keine Vor-Ort-Besuche mehr machen müssen. Aber wir können unnötige Reisen vermeiden und uns besser auf die notwendigen vorbereiten. Was die Entwicklung im Servicebereich betrifft, so ist diese zweigeteilt – für reine Serviceorganisationen ändert sich durch die Einbeziehung von Self-Service und Remote-Service das Modell der Serviceerbringung von der Anwesenheit (die oft sehr ineffizient ist) hin zu einem lösungsorientierten Ansatz, der die Reisen reduziert. Hier kommt das XaaS-Modell (Everything-as-a-Service) für Hersteller ins Spiel, die ihren Service selbst anbieten.
Inwieweit lassen sich Reisen mit Field Service und XaaS reduzieren?
Nicastro: Wenn ein Kunde eine Anlage kauft und dann den Service für diese Anlage erwirbt, werden die Anlagen mit Blick auf den anfänglichen Kaufpreis erstellt und lukrativ gestaltet. In diesem traditionellen Modell erwarten die Kunden oft, dass der Service persönlich stattfindet, da dies der traditionelle Standard ist. In einem XaaS-Modell behält der Hersteller das Eigentum an der Anlage, und der Kunde zahlt stattdessen monatliche Betriebskosten für die Anlage und ihre garantierte Betriebszeit (Service). Damit verlagert sich sowohl die Verantwortung als auch die Chance auf den Hersteller, langlebigere, servicefreundlichere Anlagen zu entwickeln.
Field Service: Lebensdauer wichtiger als Kaufpreis
Wie das?
Nicastro: Weil Lebensdauer und Ausdauer jetzt wichtiger sind als der ursprüngliche Kaufpreis – und alle digitalen Tools einzubinden, die zur Senkung der Servicekosten beitragen, ohne dass der Kunde erwartet, dass diese Kosteneinsparungen weitergegeben werden. So kann die Einbindung von zum Beispiel KI und Fernservice diesen Unternehmen dabei helfen, die Effizienz der Leistungserbringung – und die Nachhaltigkeit – zu verbessern, ohne ihre Einnahmen zu beeinträchtigen.“
Zum Schluss: Was raten Sie Geschäftsführern in diesen wechselvollen Zeiten?
Nicastro: Sie sollten dafür sorgen, dass sich ihre Mitarbeiter wertgeschätzt und anerkannt fühlen. Denn zwischen Mitarbeiterzufriedenheit und Kundenzufriedenheit gibt es eine Korrelation. Wenn sich Aufgaben oder Strategien ändern oder neue Instrumente eingeführt werden, sollten Geschäftsführer für die entsprechenden Weiterbildungen sorgen, damit sich Mitarbeiter sicher und kompetent fühlen. Themen wie Unternehmenskultur, Führungsstärke, Vielfalt und Integration müssen im Unternehmen echte Handlungsfelder sein und nicht nur Plattitüden an der Wand oder auf der Website.
Frau Nicastro, vielen Dank für das Gespräch!
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