23.05.2022 – Kategorie: Hardware & IT
ERP-Usability: Das sind die Big Five-Kriterien
Das ERP ist das Herzstück vieler Unternehmen, doch oft lässt die Usability zu wünschen übrig. Hier die Big Five der ERP-Usability.
Es ist Datenrückgrat, Informationsdrehscheibe und Integration-Hub. Das ERP-System ist in vielen Unternehmen Dreh- und Angelpunkt der IT-Landschaft. Dafür kommt es häufig mit einer ungeheuren Funktionstiefe und -breite daher, was es nicht immer leicht zu bedienen macht. Doch mit der ERP-Usability steht und fällt nicht nur die Zufriedenheit der Anwender. Durch die fehlende Usability zentraler IT-Lösungen leidet nachweislich die Effizienz der gesamten Organisation.
Die zentrale Rolle des ERP
Denn über die ERP-Lösung greifen meist alle Benutzer und Bereiche der Wertschöpfungskette auf eine zentrale Datenbank zu. Schnittstellen im ERP binden seit jeher Fremdsysteme ein. Doch dieser Trend verstärkt sich zunehmend mit teils weltweiter Vernetzung der Unternehmen. Die ERP-Lösung wird künftig also noch mehr zum zentralen Stützpfeiler. Im besten Fall wird er die zwangsläufig zunehmende IT-Komplexität beherrschbar machen. Und er sollte in der Lage sein, im Zusammenspiel mit flankierender Software enorme Datenmenge zu generieren, zu verarbeiten und Datenflüsse zu optimieren. Diese zentrale Rolle kann eine ERP-Lösung jedoch nur auf Basis einer großen Funktionsvielfalt einnehmen. Was wiederum eine besondere Gewichtung für die Gebrauchstauglichkeit bedeutet. Als wesentlicher Bestandteil misst sich diese unmittelbar an der Datenqualität, Bearbeitungsgeschwindigkeit und Produktivität.
Dabei können bereits fünf einfache Ansätze dafür sorgen, dass die Anwender das ERP effizient bedienen können – unabhängig von seinem funktionalen Umfang.
Ein ERP ist keine App – aber!
Um die stützende Rolle auch künftig ausfüllen zu können, braucht ein ERP-System vor allem eines: Menschen, die es korrekt und effizient bedienen. Genau hier trennt sich in der ERP-Welt immer stärker die Spreu vom Weizen. So werden viele Anwender von der Optionsvielfalt etablierter Systeme regelrecht erschlagen. Zahlreiche Felder, Operationen und Navigationsmöglichkeiten verstellen im Kontext der konkreten Aufgaben den Blick fürs Wesentliche, tragen zu fehlerhaften oder unvollständigen Dateneingaben bei sowie zur verzögerten Aufgabenerfüllung. Das macht heute Key-User besonders wichtig – fällt ein solcher, lässt er sich oft schwer vertreten. Auch neue Mitarbeiter benötigen eine intensive Einarbeitungsphase, bevor sie sich produktiv einbringen können. Das mindert nicht nur deren Zufriedenheit.
Benchmark für ein gutes ERP-System sind längst Anwendungen außerhalb der Business-IT-Welt. Nur wenige Lösungen halten etwa dem Usability-Vergleich mit einer App stand. In individuelle Apps lässt sich ein ERP-System und seine Module aber aus Zeit- und Kostengründen nicht ohne Weiteres zerlegen. Wie gelingt es also, dass das Datenrückgrat der vernetzten Fabrik für jeden Anwender bedienbar bleibt? Woran erkennen Unternehmen, dass ein System – jenseits seiner funktionalen Tiefe und Breite – gebrauchstauglich ist?
Die Big Five der ERP-Usability
In der Praxis zeigt sich schnell, dass Usability weit mehr ist als ansprechendes Oberflächendesign. Ausschlaggebend ist das Zusammenspiel vieler Aspekte. Die fünf wichtigsten im Überblick:
1. Durchgängiges Bedienkonzept für bessere ERP-Usability
In den meisten produzierenden Unternehmen wird die Bedienbarkeit von IT-Systemen durch einen Flickenteppich an Bedienkonzepten erheblich erschwert. Die Gründe: In verschiedenen Abteilungen kommen unterschiedliche Speziallösungen zum Einsatz. Zudem haben über die Jahre hinweg unterschiedliche Konzepte Einzug in das ERP-System gehalten. Das Ergebnis: Anwender müssen innerhalb eines Systems unterschiedlichen Bedienlogiken folgen. Hierunter leidet die Usability.
Ziel muss es folglich sein, dass sich sämtliche Module eines ERP-Systems einem durchgängigen Grundprinzip folgend bedienen lassen.
2. Rollen- und Bedienkonzept
Einen Beitrag zur Bedienbarkeit von modernen ERP-Systemen leisten auch Rollen- und Berechtigungskonzepte – vorausgesetzt, sie werden auch visuell umgesetzt. Prinzipiell stehen entsprechende Konzepte bereits seit geraumer Zeit in nahezu jedem ERP-System zur Verfügung. In der Regel werden die Felder, Knöpfe und Links, für deren Bedienung ein Anwender nicht befugt ist, aber lediglich ausgegraut. Damit bleibt die gesamte funktionale Klaviatur nach wie vor sichtbar und führt zu Unsicherheiten in der Bedienung. Die Lösung könnte einfacher nicht sein: Statt die Felder lediglich auszugrauen, werden sie in modernen Konzepten vollständig ausgeblendet. Anwender sehen dann ausschließlich jene Bausteine, die sie auch bedienen dürfen.
3. Individuelle Dashboards
Das ist wohl der Punkt, der im Zusammenhang mit ERP-Usability schon am breitesten diskutiert wurde. Trotzdem sollte er auch bei neuen Überlegungen nicht ausgeklammert werden. Bewährt hat sich die Reduzierung von Erfassungsmasken. Auch eine sinnvolle Tastatur- statt Mausbedienung ist ein Plus. ERP-Lösungen sollten zudem durch kluge Konzepte dem einzelnen Anwender Werkzeuge in die Hand geben, die ihm erlauben je nach Aufgabenstellung und Vorliebe Datenzusammenhänge herzustellen und zu visualisieren. Im Ergebnis sieht der Anwender ausschließlich die im aktuellen Kontext relevanten Funktionen in wenigen Screens und im Stil von Dashboards.
4. Industrial Apps
Die Nachfrage nach mobilen ERP-Erweiterungen steigt seit Jahren kontinuierlich. Denn mit der Einbindung der sogenannten Industrial Apps kann auch die Peripherie immer stärker und effizienter eingebunden werden. Als solche sind sie ein weiterer Baustein durchdachter Bedienkonzepte. Allein die Nutzung regelhafter Scanvorgänge bei Warenentnahmen kombiniert mit einer einfachen Touch-Bedienung sorgt beispielsweise für eine messbare Zeitersparnis und verbesserte Datenqualität. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen können hierdurch mit recht einfachen Mitteln große Potenziale heben.
5. Vereinfachte Prozessautomatisierung
Die Funktionsvielfalt von ERP-Systemen hat zur Folge, dass standardmäßig zum Teil feingranulare Schritte abgefragt werden, die für bestimmte Unternehmen nicht notwendig sind. Das sind typische Bremsklötze, wenn es um die Bedienbarkeit von ERP-Lösungen geht. In der Regel lösen IT-Verantwortliche diese Bremse, indem sie die relevanten Operationen verketten und automatisieren. In den meisten Systemen lassen sich entsprechende Prozesse aber nur durch Anpassungen des Source-Codes realisieren. Viele Unternehmen verzichten auf diese sogenannte harte Programmierung. Denn sie ist aufwändig und wird meist nur von Spezialisten beherrscht.
Durch eine Skripting-Option lassen sich Prozessabfolgen deutlich einfacher und schneller programmieren. Zudem werden die entstandenen Skripte bei Release-Updates wie ein Rucksack einfach mitmigriert. Beste Grundlage ist eine standardisierte Skriptsprache, wie JavaScript oder Groovy, die mit einer ERP bezogenen Funktionsbibliothek angereichert ist.
ERP-Usability: Gebrauchstauglichkeit trotz gesteigerter Funktionalität
ERP-Systeme können nur dann ihre Rolle als Daten-Hubs komplett ausfüllen, wenn sie auch gebrauchstauglich sind. Nur eine Ansammlung vieler Funktionen reicht daher nicht mehr. Die Funktionen müssen sich dem Anwender und seiner Funktion erklären, übergreifende Abläufe unterstützen, und die Oberfläche muss dem Anwender Optionen zur Anpassung bieten. Entscheidend ist das Zusammenspiel der Big Five der ERP-Usability und darüber hinausgehende Detailüberlegungen.
Der Autor Michael Habat ist Leiter Produktberatung bei PSI Automotive & Industry.
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