21.10.2015 – Kategorie: Fertigung & Prototyping, Hardware & IT

ERP-Integration: Planung statt Hektik

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Das Produkt muss exakt termingerecht geliefert werden, und auch noch in individueller Variante. Klassische Produktionssysteme stoßen hier oft an ihre Grenzen. Systeme für Advanced Planning und Scheduling (APS) bringen mehr Flexibilität und Planbarkeit auch in komplexe Produktionsabläufe. Von Dieter Schoppe

Spricht man abstrakt von Produktionssystemen, verbergen sich dahinter neben den Maschinen und Werkzeugen insbesondere Menschen. Diese passen sich wie das gesamte produzierende Unternehmen permanent an die Kundenbedürfnisse an, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Solch eine marktsynchrone Organisation der Produktion ist für die Fertigung oft mit einer Menge Stress verbunden. Schnell richtet sich der Blick dann auf die IT. Doch hier gibt es Unterschiede. Zwar sind heute fast überall Systeme zur Produktionsplanung und -steuerung im Einsatz. Aber oft genug reichen sie nicht aus. Was, wenn die wichtigen Halbfertigprodukte oder Rohmaterialien nicht wie geplant geliefert werden? Wenn ein wichtiger Produktionsauftrag dazwischen geschoben werden muss? Die Grippewelle auch die Produktion getroffen hat?
Die Planung des Materialbedarfs geht meist von fixen Vorlaufzeiten aus und berücksichtigt die Ressourcenverfügbarkeit kaum. Eine vorgegebene Materialliste erweist sich bei einer Variation des Produkts oder Produktdesigns als Hindernis. Damit wird es zum Problem, ad hoc exakte Liefertermine zu berechnen. Das Ergebnis: Hektik in den Fertigungshallen, „Turnschuh-Fertigung“, bei der mit viel Gerenne jene Aufträge erledigt werden, die vom Chef kommen.
Auf die Frage, was eigentlich optimiert werden kann und soll, lässt sich keine allgemeingültige Antwort geben. Natürlich müssen überall die Organisationsprozesse straff und doch flexibel gestaltet werden, und es geht nicht ohne gute Qualität der Stammdaten. Doch jeder Fertigungsprozess hat seine eigenen Gesetze, die dem Produkt, aber auch der Produktionsstruktur im Unternehmen geschuldet sind. Dennoch aber gibt es Cluster, in die man Fertigungsarten und ihre Anforderungen an optimierte Planung unterteilen kann. Einzelfertiger müssen sich an Kundenwünsche anpassen, sie kämpfen oft mit Auslastungsschwankungen und kurzen Lieferzeiten. Gerade bei einer kapitalintensiven Fertigung mit teuren Produktionsanlagen gilt es, die Maschinen bestmöglich auszulasten. Kundenbedarfe, Materiallieferungen, Personalressourcen und Maschinenkapazitäten müssen synchronisiert werden. Hohe Termintreue, eine übergreifende Produktionsplanung und eine Zusammenfassung der zu produzierenden Werkstücke in Cluster sind essenziell und versprechen mehr Effizienz.
Das andere Extrem ist ein Serienfertiger: Ein überwiegend gleichförmiges Produkt wird hochautomatisiert hergestellt, eine etablierte Lieferkette stellt immer gleiche Rohstoffe oder Halbfertigprodukte bereit. Hier stehen optimaler Materialfluss und konstruktive Vereinfachungen im Vordergrund. Schwierig wird es immer dann, wenn spontane Planänderungen die gewohnten Abläufe stören.
Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich das Gros der Produktion und natürlich will jeder die perfekt abgestimmte Disposition und Produktion und die ideale Auslastung von Maschinen und Mitarbeitern. Um die Prozesse kontinuierlich verbessern zu können, braucht man Produktionsdaten, aber auch Informationen zu Fehlerursachen. Nur wer weiß, wie effektiv die Anlagen arbeiten und was, wie, mit welcher Qualität produziert wird, kann Verluste und Verschwendung erkennen, Optimierungs- und Einsparpotenziale definieren und für eine optimale Auslastung und Nutzung der Maschinen sorgen.

Ziel: stressfrei produzieren

Doch ist optimale Planung überhaupt möglich? Ja, aber die Praxis verlangt einen Kompromiss zwischen Machbarkeit und der umfassenden Planung aller Details in ihrer Abhängigkeit voneinander. Wie kann man die Feinplanung in der Fertigung besser an die jeweiligen Gegebenheiten anpassen? Eine Lösung, die das schafft, muss einige Kriterien erfüllen:
Sie sequenziert die Aufträge und bringt so die richtige Menge an Material zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Maschinen, den richtigen Werkzeugen und dem richtigen Personal zusammen.
Dabei berücksichtigt sie variable Zielkriterien. Um etwa „niedrige Herstellungskosten“ zu erzielen, wird die jeweils kostenoptimale Fertigung abhängig von der Losgröße bestimmt. Diese Planung in Varianten bietet Alternativen für die Fertigung und Informationen zu unterschiedlichen Ergebnissen und Hindernissen.
Sie ist so flexibel, dass bei Events schnell umgeplant werden kann; sie umfasst die gesamte Supply und Demand Chain – von den Lieferanten bis zum Kunden; sie ermöglicht eine schnelle Simulation, um beispielsweise Termine zuverlässig zu bestimmen; zu alledem braucht es eine Vielzahl von Daten – sei es aus Kernfunktionen des ERP-Systems, sei es aus der Supply Chain. Der Zugriff auf diese Quellen muss ohne Brüche erfolgen.

APS – Königsweg zur Flexibilität

Diese Kriterien erfüllen APS-Lösungen: Sie erlauben weitgehend simultane Planung für Materialfluss und Kapazität und ermöglichen es so, die Produktion mit verschiedenen Zeithorizonten, Produktions- und Auslieferstandorten zu modellieren und zu priorisieren. Im Detail werden die Teile den Standorten zugeordnet, die Kapazität für Arbeitskräfte und Betriebsmittel sowie die Lagerhaltung für jedes Teil bestimmt. Berücksichtigt werden aber auch Nachfrage, Distribution und Transport. Die Systeme bringen damit wesentlich mehr Transparenz und Flexibilität.
Wie notwendig das ist, wissen die Planer aus eigener Erfahrung: Ein Chefauftrag kommt rein und die ganze Planung muss neu gemacht werden. Das Wunschsystem muss also rollierende Planung erlauben – kurzfristig, aber auch mit weitem Blick voraus in der Produktionsprogrammplanung. Aber es muss viel mehr können. Eine Machbarkeitsprüfung für jeden Auftrag checkt den Bedarf an Ressourcen (Multiressourcenplanung). Die Planungs-Engine gliedert und steuert den Prozess in Echtzeit bis hin zur Feinplanung und erzielt so eine effiziente Fertigung mit kurzen Durchlaufzeiten und niedrigen Beständen. Und noch besser: Der Planer bekommt Informationen über mögliche Produktionsengpässe, zu hohe Lagerbestände oder auch mögliche Alternativen zur aktuellen Planung.  Aber es kann noch mehr: Es zeigt auf einen Klick Alternativen zu einer Fertigungsorganisation, um schnell mögliche Einsparpotenziale oder Risikofaktoren zu erkennen.
Doch erst die enge Verzahnung des APS mit dem ERP-System garantiert den reibungslosen Informationsfluss über sämtliche Unternehmensbereiche hinweg. Bindet man darüber hinaus die Konstruktion in die Fertigungsplanung ein, verknüpft also APS mit CAD-Systemen, entsteht erhebliches Rationalisierungspotenzial, denn der Arbeitsplaner in der Arbeitsvorbereitung kann direkt und unkompliziert Zeichnungen und Dokumente ansehen.
Dass der Einsatz von APS lohnt, zeigt das Beispiel Maja-Maschinenfabrik Hermann Schill. Das mittelständische Produktionsunternehmen ergänzte 2007 sein bestehendes ERP-System von
proALPHA um das APS-Modul des gleichen Anbieters. Das Ergebnis für den Produzenten lebensmittelverarbeitender Maschinen: schnellere, flexiblere Abläufe und eine effizientere Produktion. 30 Prozent weniger Bestände in der Produktion beziehungsweise auf Lager, weniger Fremdfertigungsaufträge, dafür höhere Termintreue und der komplette Abbau aller Überstunden. Die Fertigungszeiten für die rund 41.500 Aufträge pro Jahr wurden optimiert, die Wirtschaftlichkeit gesteigert – einfach durch die Anpassung der Ablauforganisation an verbesserte ERP-Vorgaben.
Die Technik für eine umfassende Produktionsoptimierung ist also verfügbar. Doch diese ist nur eine Dimension: Die Mitarbeiter müssen das APS durchgängig einsetzen – und dafür müssen sie von den Vorteilen des Systems überzeugt sein. Hat man dann noch saubere Stamm- und Prozessdaten, steht der Optimierung nichts mehr im Wege.jbi  

Dieter Schoppe ist Produktmanager bei proALPHA.


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