16.05.2013 – Kategorie: Technik
Elektroantrieb für den Einsatz in mobilen Arbeitsmaschinen
Im Rahmen von Förderprojekten forscht STW seit 2001 nach dem optimalen Antrieb für den Einsatz in Forst-, Agrar- und Baumaschinen – kurz in allen Branchen, in denen sich der Einsatz von Elektroantrieben lohnt. Die Recherchen haben ergeben, dass generell sehr wenig Platz für die Komponenten zur Verfügung steht. Fast alle Lösungen basieren zudem auf hydraulischen Antrieben, deren geringe Abmessungen von vergleichbaren elektrischen Antrieben, nach dem Stand der Technik, wohl nie zu erreichen ist.
An dieser Stelle ist STW mit Baumüller als Partner einen Schritt weiter gekommen und hat eine Motor/Generator-Kombination entwickelt, die durch eine innovative Kühlung in Richtung Kompaktheit und Leistungsdichte neue Maßstäbe setzt. Durch die Integration des Umrichters in das Motor-Gehäuse entsteht eine Einheit. Der bereits integrierte Umrichter erspart zudem einen zentralen Schaltschrank und vermindert den Installationsaufwand. Die Verkabelung zwischen Umrichter und Motor entfällt vollständig. Mit einer Schutzart von IP69k und schutzisoliertem Aufbau ist er bestens für mobile Anwendungen gerüstet.
Neben hohen Anforderungen an den Schutz vor Schmutz, Wasser und hohen beziehungsweise tiefen Temperaturen benötigen mobile Arbeitsmaschinen eine besondere Robustheit gegenüber Vibrationen sowie eine hohe Dauerlastfähigkeit, die dadurch erreicht wird, dass die Verluste in Motor und Umrichter minimiert werden. Die besondere Dauerlastfähigkeit wird durch eine direkte Kühlung der Wicklungen erreicht, die die Wärme direkt am Entstehungsort abführt.
Grundsätzlich hat der permanenterregte Synchronmotor den höchsten Wirkungsgrad im Vergleich zu anderen Motorarten. Die Minimierung der Verluste wird weiter durch eine optimale Auslegung und Abstimmung von Motor, Elektronik und Regelung erreicht. Dazu gehört die Anpassung der Leistungsdaten von Elektronik und Motor sowie eine optimale Ansteuerung der Komponenten. Diese erfolgt bei der powerMELA C-Serie von STW durch eine feldorientierte Regelung mit dem Verfahren Maximum Torque Per Ampere (MTPA). Hierbei wird zusätzlich zur Lorentzkraft der Permanentmagneten das Reluktanzmoment des Motors verwendet und so der Motorstrom minimiert. Eine adaptive Regelung, die die Änderungen von Motor-Parametern während des Betriebs berücksichtigt, trägt weiter zu einem höheren Wirkungsgrad bei.
Durch die Integration des Feldschwächbetriebs wird der Drehzahlbereich um den Faktor 2 auf 6.000 Umdrehungen pro Minute erweitert. In diesem Betriebsbereich steht die volle Leistung unabhängig von der Drehzahl zur Verfügung.
Der andere Aspekt ist die Kühlung. Bei der C-Serie werden die Wicklungen und die Leistungselektronik direkt mit Öl gekühlt. Dadurch erreichen die Antriebe eine Dauerlastfähigkeit, die 90 Prozent der maximalen Leistung beträgt. Zwar steht nur noch 10 Prozent Überlast zur Verfügung, was aber bei fast allen Betriebszuständen in mobilen Arbeitsmaschinen ausreicht.
Mit System zur Elektro-Maschine
Um die Möglichkeiten, die Elektroantriebe bieten, voll nutzen zu können, ist eine Systemumgebung erforderlich, die Sicherheit und Verfügbarkeit garantiert. Es reicht nicht, hydraulische Komponenten einfach gegen elektrische zu tauschen.
Um die einzelnen Komponenten nicht zu überlasten und einen stabilen Betrieb zu gewährleisten, ist ein Powermanagement sinnvoll. Insbesondere wenn in dem Gleichspannungsnetz am Fahrzeug kein Speicher vorhanden ist, müssen abgegebene und aufgenommene Leistung zu jedem Zeitpunkt im Gleichgewicht stehen. Damit ein Generator an einem Diesel optimal betrieben werden kann, ist eine Grenzlast-Regelung nötig. Ohne diese Regelung muss eine Leistungsreserve vorgehalten werden und der Vorteil der Elektrifizierung sinkt, weil höhere Drehzahlen des Diesels nötig sind und dieser nicht zu hundert Prozent ausgelastet werden kann.
Um die elektrische Sicherheit zu garantieren, ist das System vor Überspannung zu schützen und auf Isolationsschäden zu prüfen. STW hat dazu einen Brems-Chopper mit integrierter Isolationsmessung entwickelt. Der Brems-Chopper schaltet sich bei einer zu hohen Spannung automatisch zu. Kurzzeitig können damit bis zu 500 Kilowatt vernichtet werden, falls beispielsweise bei einer Notbremsung die kinetische Energie über die Antriebe in das System eingespeist wird und dort verbraucht werden muss.
Effizienz-Nachweis
Im Rahmen eines Förderprojekts wurde an einem Rübenvollernter des Herstellers Ropa der Nachweis für Einsparpotenziale erbracht. Seit vielen Jahren wurde das hydraulische System immer weiter optimiert, so dass in puncto Effizienz keine entscheidenden Fortschritte mehr erzielt werden konnten. Bereits in den Simulationen wurde die Differenz zwischen Hydraulik und Elektroantrieben eindrucksvoll nachgewiesen und durch aufwändige, nachvollziehbare Feldtests bewiesen. Dabei wurde mit Zugkraftversuchen das gesamte Zugkraft-Geschwindigkeit-Wirkungsgrad-Kennfeld vermessen. Bei einer Rodegeschwindigkeit von 6 Kilometern in der Stunde betrug die gemessene Effizienzsteigerung 24 Prozent. Die Messungen ergaben weiterhin, dass in allen Betriebszuständen der elektrische Antrieb überlegen ist und bei schnellerer Fahrt der Abstand weiter ansteigt. [1]
In der aktuellen Ausbaustufe wurden viele Kompromisse im mechanischen Aufbau eingegangen. In einer Serienmaschine würden noch weitere Verbesserungen einfließen, die in der Konsequenz dann Dieseleinsparungen von über 30 Prozent möglich machen. Zusätzlich zur Einsparung im Betrieb sinkt durch den höheren Wirkungsgrad des Antriebs die benötigte Dieselleistung, die installiert werden muss, so dass auch hier Einsparungen möglich sind.
Fazit
In mobilen Arbeitsmaschinen kann in vielen Anwendungen die Elektrifizierung nachweislich große Einsparpotenziale erschließen. Der hohe Dieselverbrauch macht auch dann einen Technologiewechsel rentabel, wenn die Maschinen nur über einen begrenzten Zeitraum des Jahres im Einsatz sind. Obwohl die Installationskosten zurzeit noch deutlich höher liegen als mit hydraulischer Antriebstechnik, sind die Vorteile so offensichtlich, dass Amortisationen in zwei bis vier Jahren möglich sind. Mit steigenden Stückzahlen von passenden Elektrokomponenten und weiter ansteigenden Energiepreisen verschiebt sich der Zeitpunkt weiter nach vorne. In absehbarer Zeit werden wohl die Abmessungen und die Kosten der aktuell eingesetzten Hydrauliksysteme von Elektroantrieben nicht erreicht werden – trotzdem sind die Vorteile bereits so gravierend, dass es sich lohnt, jetzt die Elektrifizierung anzugehen.
Da die aktuellen Maschinen auf die Stärken der hydraulischen Antriebstechnik abgestimmt sind, ist das volle Potenzial elektrisch angetriebener Fahrzeuge noch lange nicht erreicht und wird erst mit neuen Konstruktionen erschlossen werden. jbi
Literatur
[1] Lindner M., Wöbcke S., Striller B., Herlitzius, T.: Dieselelektrischer Fahrantrieb für Rübenvollernter, 5. Fachtagung Baumaschinentechnik 2012, Dresden 20. bis 21.09.2012.
Autoren
Dr. Rolf Schmidt ist Senior Systementwickler powerMELA bei Sensor-Technik Wiedemann in Kaufbeuren.
Dipl.-Ing. (FH) und MBA Harald Dietel ist Projektmanager powerMELA bei Sensor-Technik Wiedemann in Kaufbeuren.
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