28.03.2013 – Kategorie: Branchen

Digitale dreidimensionale Darstellungen auf der Baustelle: Dipl.-Ing. Architekt Hagen Schmidt-Bleker, formitas, im Gespräch

VR Magazin: Was verstehen Sie unter Augmented Reality (AR)?

Hagen Schmidt-Bleker: Augmented Reality ist eine Möglichkeit,auf mobilen Endgeräten Planungsdaten mit einem Live-Abbild der Realität zu überlagern und weitere Informationen zu den Objekten darzustellen.

VR Magazin: Welche Defizite sehen Sie heute im Bauprozess, und wo kann da eine Augmented-Reality-Lösung Abhilfe schaffen?

Hagen Schmidt-Bleker: Eine erhöhte Komplexität und eine wesentlich verkürzter Bauprozess lassen immer weniger Zeit für die Kommunikation. AR kann helfen eine bessere Kommunikation mit weniger Transferleistungen (wie die Übertragung der 2D-Informationen auf einem Plan in die gebaute Realität auf der Baustelle) zu ermöglichen. AR ist intuitiv und natürlich.

VR Magazin: Wer wird davon besonders profitieren?

Hagen Schmidt-Bleker: Profitieren wird jeder, der sich schnell in eine neue dreidimensionale Aufgabe hineindenken muss. Handwerker, die eine komplexe Installation vor sich haben genauso, wie Bauleiter, die an vielen verschiedenen Stellen prüfen müssen, ob gebaut wird, wie geplant wurde.

VR Magazin: Können Sie uns, bitte, einen typischen Arbeitsablauf schildern, bei dem die App zum Einsatz kommt?

Hagen Schmidt-Bleker: Ein Bauleiter kann auf einer Baustelle zum Beispiel in einer zukünftigen Technikzentrale mit Hilfe eines iPads demonstrieren, wie die Gewerke später einmal aussehen sollen. So bekommen die Handwerker einen schnellen Einblick und verlieren weniger Zeit sich in die Aufgabe einzudenken. Der Ablauf ist also: 3D-Planung im Planungsbüro, wie gewohnt. Jetzt aber keine Konstruktionspläne (zumindest nicht ausschließlich), sondern AR, um dem Handwerker zu vermitteln, was und wie es gebaut werden soll.

VR Magazin: Ein einheitliches 3D-Modell über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes, Stichwort Building Information Modelling, wird zunehmend propagiert. Wie sind die verwendeten 3D-Modelle in die Prozesskette integriert?

Hagen Schmidt-Bleker: Die 3D-Modelle kommen direkt aus dem Planungsprozess und werden vom Konstrukteur auf einen Server hochgeladen. Dort findet eine automatische Konvertierung statt, nach der anschließend auf dem mobilen Endgerät das Modell zur Verfügung steht. Über UMTS oder WLAN kann das Smartphone oder Tablet die notwendigen Infos abrufen.

VR Magazin: Inwieweit müssen sie für die mobile Anwendung noch zusätzlich bearbeitet werden, denn die mobilen Endgeräte sind ja für hochwertige 3D-Darstellung nicht prädestiniert?

Hagen Schmidt-Bleker: Die mobilen Endgeräte sind in den letzten Jahren immer leistungsstärker geworden; darum ist viel möglich. Da man aber trotzdem noch an Grenzen stößt, macht es Sinn, die Modelle in logische Abschnitte zu unterteilen und nur das zu laden, was wirklich benötigt wird. Aus unserer Sicht unterstützt dies sogar eine klare Kommunikation.

VR Magazin: Welche Dienstleistungen bietet formitas an, um die notwendigen Prozesse bei den Anwendern einzuführen und zu entwickeln?

Hagen Schmidt-Bleker: Formitas hat sich zum Ziel gesetzt, mit seinen Kunden gemeinsam den jeweils besten Planungsprozess zu entwickeln. Dabei ist BIM ein wichtiges Thema und eine Vision, aber kein Dogma. Denn es gibt auch einige Prozesse, die ohne BIM besser sind. Unsere Experten für CAD, AVA und Prozessmanagement integrieren auch die Themen aus unseren Forschungsprojekten (aktuell: DIB – Dienstleistungen im industriellen Bauprozess). Wir bieten unseren Kunden an, in zielgerichteten Workshops mit unseren Experten zusammen die beste eigene Arbeitsweise zu entwickeln.

VR Magazin: Architekten und Bauingenieure scheinen sich Augmented Reality- oder Virtual Reality-Technologien erst allmählich zu öffnen, andere Branchen sind hier schon weiter. Woran liegt das?

Hagen Schmidt-Bleker: Die technischen Möglichkeiten gibt es – ebenso wie den Nachweis, wie viel besser man durch diese Technologien kommunizieren kann. Sehr viele Architekten planen jedoch noch gar nicht wirklich in 3D, und damit bedeuten diese Technologien einen Mehraufwand, wenn man sie einsetzen möchte. Sobald im Planungsbüro jedoch ein Prozess besteht, in dem sowieso in 3D geplant wird, ist es möglich, mit minimalem Aufwand einen großen Erkenntnisgewinn bei Fachplanern und Bauherren zu erzielen.

Ein entscheidender Punkt ist sicher auch, dass die Bauherren das „virtuelle Gebäudemodell“ noch nicht so oft einfordern. Aber das sollten sie, denn viele Vorteile liegen auf ihrer Seite: Angefangen von einem besseren Verständnis des Bauwerks bis hin zum optimierten Facility Management.

VR Magazin: Inwiefern wird die Rolle des Architekten in einem Bauprojekt durch diese Art der Anwendungen neu definiert werden müssen?

Hagen Schmidt-Bleker: Aus unserer Sicht ist der Architekt als derjenige, der die am Bau Beteiligten integriert, für eine gute Kommunikation verantwortlich. 2D-Pläne bieten viele Fallen, selbst für den Profi, und so mancher Bauherr versteht den Architekten erst, wenn er das Ergebnis auf der Baustelle steht. Die neuen Technologien sind eine große Chance für eine bessere Verständigung der Planungspartner.

Hagen Schmidt-Bleker, Geschäftsführer der formitas Gesellschaft für IuK-Technologien mbHDeutlich wird hier in Zukunft sicher auch, dass der Architekt nicht nur ein funktionierendes Gebäude schuldet. Ich würde in einem ersten Schritt in Zukunft erst einmal ein gut abgestimmtes, virtuelles Gebäude’ verlangen. So kann man viele Probleme vermeiden, ohne dass das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.

Wenn man den ganzen Lebenszyklus des Gebäudes im Blick hat, drängt sich ein begleitendes Informationsmanagement geradezu auf. Noch haben Architekten das nicht im Fokus, das wird sich durch solche Technologien aber sicher schneller verändern, als dem ein oder anderen lieb ist.

VR Magazin: Herr Schmidt-Bleker, wir bedanken uns für das Gespräch.

 

Das Interview führte Andreas Müller.

 

 

Hagen Schmidt-Bleker, Geschäftsführer der formitas Gesellschaft für IuK-Technologien mbH: „AR kann helfen eine bessere Kommunikation mit weniger Transferleistungen (wie die Übertragung der 2D-Informationen auf einem Plan in die gebaute Realität auf der Baustelle) zu ermöglichen. AR ist intuitiv und natürlich.“

 

 

Info: Carpus+Partner AG

Carpus+Partner plant und realisiert individuelle Wissensarchitektur für moderne Arbeitsumgebungen. Ob Forschungs-, Produktions- oder Bürogebäude – bei allen Projekten steht eine nachhaltige Stärkung wichtiger Unternehmens-Ressourcen im Fokus: Mit maßgeschneiderten Konzepten fördert Carpus+Partner Vernetzung, Dynamik, Inspiration und Innovation in Arbeits-, Entwicklungs- und Kommunikationsprozessen.

Die Nutzung von Augmented Reality für die Architektur ist ein Forschungsgebiet, auf dem sich Carpus+Partner bereits seit einigen Jahren gemeinsam mit der formitas Gesellschaft für IuK-Technologien mbH engagiert. Die beiden Unternehmen arbeiten im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien eng zusammen. Die Idee für die Entwicklung der Augmented-Reality-App lieferte eine Forschungsarbeit im Rahmen des Projekts „Dienstleistungen im industriellen Bauprozess“, gefördert vom Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen. Forschungspartner waren das Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) sowie das Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen, die Gildemeister AG und die Imtech GmbH & Co, KG.

Hauptsitz von Carpus+Partner ist seit 2011 die C+P Werkstatt auf dem neuen Campus der RWTH Aachen. Hier und an den drei weiteren Standorten Köln, Frankfurt und Ulm erarbeiten insgesamt über 200 Experten und Generalisten ganzheitliche Lösungen in interdisziplinären Teams: Architekten, Bauingenieure, Umwelt- und Energieexperten, Versorgungs- und Elektroingenieure sowie Projektmanager bilden für eine Vielzahl nationaler und internationaler Auftraggeber eng vernetzte Arbeitsgruppen.

Neben der Generalplanung auch umfangreicher Bauprojekte bietet das Team um die Geschäftsführer Günter Carpus und Peter Winkler umfassenden Service: Planung von Produktionsprozessen, Optimierung der Arbeitsqualität, Unterstützung der Planungs- und Bauprozesse für komplexe Investitionsprojekte, Erstellung ganzheitlicher Energiekonzepte, Erstellung von Funktionsablaufkonzepten.

Seit der Gründung 1982 arbeitet Carpus+Partner unter anderem für Unternehmen aus der Hightech- und Pharmaindustrie, für Großforschungseinrichtungen und Hochschulinstitute sowie für Kliniken und öffentliche Einrichtungen.

Weitere Informationen: www.carpus.de, www.formitas.de, www.youtube.com/formitastv

 


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