17.11.2022 – Kategorie: Konstruktion & Engineering
Die wichtigsten Arten von Elektromotoren: Darauf kommt es bei der Auswahl an
Luftgekühlt, wassergekühlt oder unbelüftet? Bei der Auswahl des passenden Motors müssen viele Parameter berücksichtigt werden. Elektromoren-Spezialist Ben Buchele zeigt, worauf es ankommt und wo die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Systeme liegen.
Wer Konstruktionsleiter Stefan Kunzmann von Elektromotor-Spezialist Ben Buchele fragt, welcher Motor – luftgekühlt, wassergekühlt oder unbelüftet – sich für welche Anwendung am besten eignet, erntet zunächst ein entschiedenes „Das kommt immer darauf an“. Denn pauschal lassen sich die Elektromotoren nicht bestimmten Branchen und Anwendungen zuordnen. Der Beitrag nähert sich dem Motorenvergleich und der -empfehlung daher über die Beratungspraxis von Ben Buchele, in der im Vorfeld stets eine Vielzahl von Parametern abgefragt und festgelegt wird, bevor der passende Motor gefunden ist. In der Regel geht es nicht um Normmotoren „von der Stange“, sondern um Sondermotoren mit besonderen Anforderungen und Spezifikationen.
Luftgekühlt: Robust, wartungsarm, langlebig
Der luftgekühlte Motor ist als Drehstrom-Asynchronmaschine ein Alleskönner für viele Einsatzzwecke. Er ist besonders robust, wartungsarm und langlebig und für den Dauerbetrieb S1 ausgelegt. Der Lüfterbetrieb zur Kühlung des Motors verursacht allerdings erhebliche Geräuschemissionen, die je nach Standort und Einsatzzweck störend sein können.
Arten von Elektromotoren – Wassergekühlt: Kompakt und leicht
Wassergekühlte Motoren punkten durch ihre kompakte Baugröße und ihr geringes Gewicht. Bei geringem Einbauraum ist ein wassergekühlter Motor oft die richtige Wahl, weil er bei gleich hoher Antriebsleistung zwei bis drei Baugrößen kleiner als ein vergleichbarer luftgekühlter Motor ist. Der wassergekühlte Motor gilt im Dauerbetrieb als sehr effizient; sein Wirkungsgrad ist in der Regel höher als der des luftgekühlten Motors, da bei letzterem höhere Wärme- und Reibungsverluste zu verzeichnen sind. Zudem sind wassergekühlte Motoren besonders leise. Beim wassergekühlten Motor ist zu bedenken, dass er ein zusätzliches Kühlaggregat benötigt. Daher bietet sich sein Einbau vor allem dann an, wenn bereits Kühlungen für andere Anlagenteile (z. B. für Trafos oder Umrichter) vorhanden sind und der Motor in diesen Kühlkreislauf mit integriert werden kann. Bei einem Neubau stellt sich die Frage, ob eine Wasserleitung beziehungsweise ein alternatives Kühlmedium sinnvoll hingeführt werden kann oder ob ein zusätzliches Kühlaggregat von den Platzverhältnissen her möglich ist.
Unbelüftet: Kurzzeitbetrieb für bestimmte Betriebsmodi
Ein unbelüfteter Motor steht in der Regel nicht in direkter Konkurrenz zu luftgekühlten und wassergekühlten Motoren, da er nicht für den Dauerbetrieb, sondern für die Betriebsarten S2 und S3, also Kurzzeitbetrieb, ausgelegt ist. Er läuft beispielsweise in einem Intervall von zehn Minuten nur zwei Minuten und steht die restlichen acht Minuten still. Oder es wird nur eine gewisse Prozentzeit von der Laufzeitvorgabe des Kunden definiert. Das heißt, der unbelüftete Motor soll eine Stunde betrieben werden, läuft davon jedoch nur 30 Prozent, um nicht zu überhitzen. Diese verschiedenen Betriebsmodi müssen zuvor abgesteckt werden.
Beratungsbeispiel: Alternative Arten von Elektromotoren abwägen
Welcher Motor in welchem Fall tatsächlich passend ist, eruieren die Spezialisten von Ben Buchele in Beratungsgesprächen. Jeder Parameter, jedes Detail wird abgefragt, von der gewünschten Leistung, der Baugröße oder dem Drehmoment über die Schutzart, den Aufstellort, die nötige Betriebsart bis hin zum Spannungsnetz, in dem er laufen soll, und möglichen Zusatzfunktionen wie Thermofühler, Stillstandsheizung oder Lagerüberwachung. Nicht immer ist die Empfehlung eindeutig. Dann erhält der Kunde verschiedene Optionen wie in einem aktuellen Beratungsfall: Eine Yacht benötigt einen E-Motor für das Abpumpen in den Bug eingedrungenen Wassers. Die erste Überlegung ist, einen wassergekühlten Motor einzusetzen, da an Bord bereits eine Frischwasseraufbereitung existiert, an deren Kreislauf der wassergekühlte Motor angeschlossen werden kann. Eine Baugröße 200 würde ausgereichen, allerdings sind ein Kühlaggregat und eine zusätzliche Verrohrung nötig. Als Alternative wird ein unbelüfteter Motor angeboten. Jedoch sind hier für eine vergleichbare Leistung zwei bis drei Baugrößen mehr nötig, was deutlich mehr Bauraum beansprucht und mehr Gewicht an Bord bringt. Die dritte Option, als grundsätzlich erst einmal kostengünstigste Lösung, ist der luftgekühlte Motor, dessen Eigenlüfter jedoch Probleme bereiten könnte, wenn das Schiff mit Wasser vollläuft. Der Motor muss senkrecht betrieben werden, sodass sich der Lüfter oberhalb befindet. Jedoch würde das Wasser irgendwann auch den Lüfter erreichen, was zu Verwirbelungen und deutlich mehr Widerstand führen würde. Die Folge: Der Motor könnte überhitzen und vermutlich ausfallen. Die sinnvollste Option ist letztlich der wassergekühlte Motor, dessen Kompaktheit und geringes Gewicht für den Einsatz auf einem Schiff spricht, aber etwas mehr Aufwand in der Installation bedeutet. Als Alternative ist auch der unbelüftete Motor in größerer Baugröße möglich.
Wirtschaftliche Faktoren abwägen
Relevant ist auch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit: welcher Motor ist günstiger in Anschaffung und Betriebskosten? Kleinere Baugrößen bedeuten weniger Materialverbrauch, was sich auf den Preis auswirkt. Andererseits kann bei einem kompakteren wassergekühlten Motor noch das Kühlaggregat und die Verrohrung hinzukommen, wenn bisher kein Kühlkreislauf vorhanden ist. Wenn es um den Austausch eines bestehenden luftgekühlten Motors geht, spricht preislich viel dafür, einen Eins-zu-Eins-Austausch vorzunehmen. Wenn der Kunde seine Anlage jedoch modernisieren, Effizienz und Wirkungsgrad erhöhen möchte, ist die Umrüstung auf wassergekühlte Motoren eine lohnende Option. Bei den Betriebskosten sind bei allen Arten von Elektromotoren keine großen Unterschiede zu verzeichnen, da der grundsätzliche Motoraufbau gleich ist. Wichtig sind regelmäßige Service-Intervalle, um Nachschmierungen vorzunehmen, Kugellager zu tauschen oder die Wicklung zu prüfen. Bei einem wassergekühlten Motor sind Schläuche und Verrohrung vielleicht etwas anfälliger, aber bei regelmäßiger Wartung stellt dies keinen entscheidenden Kostenfaktor dar. Insgesamt sind alle Varianten sehr langlebig und können auch bei intensivem Dauerbetrieb mit zuverlässiger Wartung 20 bis 30 Jahre oder länger laufen.
Arten von Elektromotoren: Auch die Optik spielt eine Rolle
Ein kleines, aber feines Kriterium zur Auswahl eines Motors kann die Optik sein. Die Kühlrippen eines luftgekühlten Motors können zum Beispiel bei Motorrädern eine bestimmte robuste Ästhetik bedienen. Ein wassergekühlter Motor mit glatter Oberfläche hingegen wirkt edler oder muss bestimmte Hygienestandards erfüllen. Möglich sind auch Motoren in Edelstahlausführung, wie Ben Buchele sie für die Lebensmittel-/Pharmaindustrie entwickelt hat.
Der Autor Detlef Koslowsky ist Vertriebsleiter bei der Ben Buchele Elektro-Motorenwerke GmbH.
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