09.01.2023 – Kategorie: Komponenten & Systeme
Beschleunigungssensoren für Schiffsversuche: Auf dem Weg zum Hyperloop
Das Forschungsinstitut Marin testet Wasserfahrzeuge mit maßstabsgetreuen Modellen auf ihre Seetauglichkeit. Unter anderem nutzt es Beschleunigungssensoren, um den Unterwasser-Personentransport in Hochgeschwindigkeitskapseln für ein Hyperloop-Projekt zu untersuchen.
Beschleunigungssensoren im Einsatz: Marin ist neben den Schiffbau-Versuchsanstalten in Russland und den USA die drittgrößte Forschungseinrichtung dieser Art weltweit. Etwa 400 Wissenschaftler und Techniker arbeiten dort daran, Schiffe und andere Wasserfahrzeuge sicherer, umweltfreundlicher und intelligenter zu machen. Die Dienstleistungen des privaten Instituts richten sich unter anderem an Schiffseigentümer, Werften und Ingenieurbüros. In verschiedenen Bassins werden bis zu 14 Meter lange maßstabsgetreue Modelle von Schiffen, U-Booten oder Bohrinseln unter realen Bedingungen auf ihr Seegangverhalten getestet.
Simulation profitiert von Beschleunigungssensoren
Sensor-Spezialist Jocco Dekker erklärt: „Wir können hier Wind und Wellen erzeugen und herausfinden, wie sich die Modelle unter diesen Einflüssen verhalten.“ Sechs verschiedene Versuchsbecken nutzen die Forscher, um beispielsweise die Strömungsverhältnisse in flachen und küstennahen Gewässern sowie auf hoher See zu simulieren. Zudem verfügt Marin über weitere Prüfeinrichtungen, in denen unter anderem Schiffsschrauben oder -motoren getestet werden. In Simulatoren können zudem Kapitäne das Steuern von Schiffen trainieren.
Sensor decken konstruktive Mängel auf
Durch die Tests in den Bassins erhalten die Techniker und Ingenieure von Marin wichtige Hinweise auf Schwachstellen in Schiffskonstruktionen. Diese können erhebliche Auswirkungen auf die Sicherheit und die Effizienz haben. So ist beispielsweise der Treibstoffverbrauch von Containerschiffen von der Beschaffenheit des Rumpfes und von der Lage des Schiffes in Längsrichtung im Wasser abhängig.
Genauigkeit ist unabdingbar
Um die Daten für die Computer-Simulation nutzen zu können, müssen die Messungen an den Modellen allerdings mit höchster Genauigkeit erfolgen. Aus diesem Grund setzt Marin hochpräzise kapazitive Beschleunigungssensoren von ASC ein. Das Unternehmen aus Pfaffenhofen an der Ilm entwickelt und fertigt maßgeschneiderte Sensor-Lösungen für Test- und Messanwendungen. Seine Ingenieure kennen die Anforderungen genau, die an Sensoren für diese Anwendungen gestellt werden. Sie können ihre Messtechnik exakt an die Bedürfnisse anpassen. Diese Flexibilität schätzt Marin: „Es ist ideal, dass man die Sensoren speziell für uns konfiguriert“, kommentiert Jocco Dekker. Zum Service gehört auch die individuelle Einstellung von Kalibrier- und Messbereich, die Anpassung von Kabellängen und die Montage spezieller Steckverbinder.
Beschleunigungssensoren: Selbst unter Wasser im Einsatz
Marin verwendet für seine Tests triaxiale Beschleunigungssensoren (Typ ASC OS-315LN – LN für Low Noise) bieten), die sich durch ihre hohe Empfindlichkeit auszeichnen und gleichzeitig sehr robust sind. Sie kommen hauptsächlich in den Offshore-Bassins der Niederländer zum Einsatz. Sie bieten eine sehr hohe Auflösung und die Schutzart IP68. Damit sind sie gegen andauerndes Untertauchen geschützt und somit für den Unterwasser-Einsatz in den Becken geeignet. Von Vorteil ist auch die große Empfindlichkeit der Sensoren, die zwischen 2.000 bis 10 mV/g liegt und der weite Messereich von 2g bis 400g.
Signal-Rausch-Verhältnis und Frequenzbereich
In den sogenannten Seegangs-Bassins, in denen Manöver auf hoher See simuliert werden, messen triaxiale Sensoren (Typ 5521MF – MF für Medium Frequency) die Beschleunigung der Wasserfahrzeug-Modelle. Die Sensoren dieser Serie haben einen Messbereich von 2g bis 200g, eine Empfindlichkeit von 1.350 bis 13,5 mV/g. Zudem verfügen sie über einen weiten Frequenzbereich von 0 bis 7 Kilohertz. Durch diese Kombination eignen sich die Sensoren ideal für das weite Spektrum an Frequenzen, das bei den Tests erfasst werden muss. Marin hat diese Sensoren ausgewählt, weil sie ein sehr gutes Signal-Rausch-Verhältnis aufweisen (7 bis 400 g/Hz) und daher selbst niedrige Frequenzen zuverlässig und genau erfassen. Diese Eigenschaften sind wichtig für die Versuche im Bassin, da hier unter anderem getestet wird, wie sich die Schiffsmodelle bei geringem bis starken Seegang verhalten. Bei diesen Umgebungsbedingungen ändert sich die Beschleunigung des Modells langsam (etwa aufgrund von Rollbewegungen), aber auch schnell (beispielsweise bei Wellenschlag). Der Beschleunigungssensor muss sowohl die langsamen als auch die schnellen Bewegungen exakt erfassen können.
Genaue Orientierung erfassen
Zudem nutzt Marin Inertial Measurement Units (IMUs) – hauptsächlich für kleine Schiffsmodelle, bei denen das Gesamtgewicht oder der Bauraum begrenzt sind. Der IMU7 von ASC basiert auf hochpräzisen triaxialen Beschleunigungs- und Drehratensensoren, die in einem kleinen Gehäuse integriert sind und mittels Baukastenprinzip ein kompaktes Design aufweisen. Die 6-Achs-Systeme kombinieren dadurch sowohl die Messung von Linear- als auch Winkelbewegungen. Mit ihrer Hilfe lassen sich sowohl die Position als auch die Orientierung eines Objekts im Raum genau bestimmen sowie Erkenntnisse bezüglich der Fahrdynamik gewinnen.
Hyperloop-System im Test
Eines der Versuchsobjekte in den Bassins war das Hyperloop-System der niederländischen Firma Hardt. Hierbei handelt es sich um eine Art Unterwasser-Röhre, das in etwa 100 Metern Tiefe Passagiere künftig von Europa an die US-amerikanische Ostküste transportieren soll. Als Transportmittel sind 30 Meter lange Kapseln vorgesehen, die sich mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1.000 Kilometern pro Stunde durch die Röhren bewegen.
Bei den Tests von Januar bis Spätsommer 2019 wollten die Experten von Marin herausfinden, welchen Belastungen der Tunnel ausgesetzt sein würde. Schon vor dem Start der Versuche war klar, dass sich die Röhre unter Wasser durch den Wellengang etwas bewegen wird. Die Frage war: Sind diese Bewegungen gering genug, damit die Transportkapseln mit den Passagieren den Tunnel bequem und ohne Störungen passieren können?
Beschleunigungssensoren liefern wichtige Daten für die Optimierung
Um den geplanten Tunnel realistisch simulieren zu können, baute man in einem der Bassins ein 140 Meter langes Modell. Anschließend wurde die Röhre dem stärksten Wellengang ausgesetzt, der im Nord-Atlantik zu erwarten ist. Bei der Messung der Tunnelbewegungen leisteten OS-315LN-Sensoren wertvolle Dienste: Acht von ihnen wurden auf der Oberseite des Tunnels montiert, um Redundanz in der Messung zu schaffen und den Einfluss des Wellengangs in Abhängigkeit von der Position entlang des Röhrenmodells zu bestimmen. Dank ihrer hohen Empfindlichkeit registrierten die Sensoren die höchsten Tunnelbeschleunigungen mit lediglich 0,1 m/s2. Jocco Dekker erklärt: „Jetzt analysieren wir die Daten und versuchen, das reale Experiment in Computer-Simulationen zu reproduzieren.“
Die Autorin Renate Bay ist Geschäftsführerin bei der ASC GmbH.
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