02.06.2015 – Kategorie: Allgemein
Auftrageingang Maschinenbau: Auf und ab setzt sich fort – Russlandkrise gewinnt Einfluss
Die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer kommen nicht wirklich zur Ruhe und verfehlten im April den Auftragseingang um real 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresniveau. VDMA Chefvolkswirt kommentiert die Zahlen. Ein Negativfaktor ist weiterhin die Russlandkrise
Die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer kommen nicht wirklich zur Ruhe und verfehlten im April den Auftragseingang um real 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresniveau. VDMA Chefvolkswirt kommentiert die Zahlen.
Schaut man genauer hin, waren die Inlandsbestellungen im April mit 3 Prozent im Minus. Auch die Bestellungen aus dem Ausland verfehlten ihr Vorjahresniveau (minus 2 Prozent). Denn der Zuwachs aus den Euro-Partnerländern (plus 14 Prozent) konnte die rückläufige Nachfrage der Kunden aus dem gewichtigeren Nicht-Euro-Raum (minus 7 Prozent) nicht vollständig kompensieren. „Damit hat sich das Auf und Ab der Bestellungen aus den vorangegangenen Monaten fortgesetzt“, kommentiert der VDMA-Chefvolkswirt Dr. Ralph Wiechers die jüngste Entwicklung.
„Der aussagekräftigere Drei-Monats-Vergleich zeigt ebenfalls, dass die Maschinenbaukonjunktur noch keine richtige Fahrt aufgenommen hat“, fügt Wiechers hinzu. Von Februar bis April dieses Jahres stagnierten die Aufträge, wobei die Bestellungen aus dem Inland ein Minus von real 3 Prozent aufwiesen, während die Auftragseingänge aus dem Ausland um 1 Prozent zulegten.
Russslandkrise und Ihr Einfluss
Einer der Negativfaktoren ist die verfestigte Russlandkrise. Der politische Streit mit der EU hinterlassen auch im deutschen Maschinenbau immer deutlicher ihre Spuren. Im ersten Quartal dieses Jahres sind die Maschinenexporte dorthin um weitere gut 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken, Russland fiel damit in der Rangliste der wichtigsten Abnehmerländer auf Rang 10 zurück. Im Jahr 2013, also vor Beginn der Russlandkrise, war das Land noch der viertgrößte Absatzmarkt für den deutschen Maschinenbau. „Leider hat sich der Abwärtstrend bei den Maschinenbauexporten zu Beginn dieses Jahres noch beschleunigt“, sagt der VDMA-Präsident Dr. Reinhold Festge.
Eine neue Umfrage des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) unter fast 260 Mitgliedsunternehmen zeigt, dass die Russland-Krise vielfältige Folgen für die hiesige Industrie hat. 94 Prozent der Befragten gaben dabei an, von der Krise betroffen zu sein; zu spüren bekommen die Unternehmen das vor allem in Form von Auftragsrückgängen (83 Prozent) und sinkenden Anfragen (70 Prozent). Deshalb ist zu erwarten, dass die Exporte nach Russland in den kommenden Monaten stark zurückgehen werden.
Auch die Schwierigkeiten, eine Finanzierung für den Export von Maschinen und Anlagen nach Russland zustande zu bekommen, werden immer größer. Gut die Hälfte aller befragten Unternehmen leidet darunter, dass westliche Banken bei Russlandgeschäften sehr zögerlich geworden sind, während die russischen Kunden sich Kredite von ihren Heimatinstituten aufgrund der hohen Zinsen kaum noch leisten können. „Der Mangel an Finanzierungen ist zur Zeit das größte Hemmnis“, erläutert Ulrich Ackermann, Leiter VDMA Außenwirtschaft.
Zoll- und Exportkontrollen belasten
Etwas überraschend ist, dass Auftragsstornierungen (20 Prozent der Befragten berichten davon) und Zahlungsausfälle (15 Prozent) sich im Vergleich zur vorangegangenen Umfrage im Jahr 2014 nur ganz leicht erhöht haben. Deutlich stärker machen sich dagegen Verzögerungen in der Zollabfertigung und in der Exportkontrolle bemerkbar (22 Prozent, beziehungsweise 24 Prozent). Hier belastet vor allem die Klärung, ob es sich bei den gelieferten Maschinen und Komponenten um „dual-use“-Güter handelt, also Anlagen und Teile, die auch für militärische Zwecke genutzt werden könnten. Davon fühlen sich insbesondere die Hersteller von Werkzeugmaschinen betroffen.
In den Unternehmen wächst nun auch die Sorge, den russischen Markt an die Konkurrenz aus China dauerhaft zu verlieren. In den vergangenen zehn Jahren haben chinesische Unternehmen den deutschen Maschinenbauern bereits 10 Prozent Marktanteil abnehmen können. Nun glaubt gut ein Drittel der Befragten, aufgrund der Krise und der Sanktionen weitere Kunden oder Aufträge an chinesische Wettbewerber verloren zu haben. „Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis China zum wichtigsten russischen Maschinenlieferanten wird“, sagt Monika Hollacher, Russland-Expertin im VDMA.
Kein Rückzug – aber sehr viel Zurückhaltung
Die Verunsicherung sowohl der deutschen Maschinenbauer als auch ihrer russischen Kunden spiegelt sich auch in den Investitionsplanungen wider. Zwar geben 43 Prozent der Befragten an, bislang noch keine besonderen Maßnahmen getroffen zu haben, um auf die Krise zu reagieren. Allerdings baut ein Fünftel der Unternehmen inzwischen Personal in Russland ab oder legt Projekte dort auf Eis. Mehr noch: Die Bereitschaft, sich in Russland mit einer eigenen Niederlassung oder gar einem eigenen Werk niederzulassen, ist deutlich gesunken. Nur 40 Prozent der Befragten gaben an, bis 2017 sowohl Service als auch Vertrieb in Russland über eine eigene Niederlassung abwickeln zu wollen – ein Rückgang um 12 Prozentpunkte im Vergleich zur vorangegangenen Umfrage. Damit unterscheidet sich die jetzige Russlandkrise von derjenigen der Jahre 2008/09, als viele deutsche Maschinenbauer antizyklisch in dem Land investierten.
Aufgeben oder gar flüchten wollen die deutschen Maschinenbauer aber keineswegs. Lediglich 2 Prozent der befragten Unternehmen geben an, sich vom russischen Markt zurückziehen zu wollen. Auf der gerade zu Ende gegangenen Moskauer Metalloobrabotka, der wichtigsten Werkzeugmaschinenmesse des Landes, präsentierten sich mehr als 100 deutsche Hersteller in einem gemeinschaftlichen Auftritt beziehungsweise mit eigenen Messeständen – ein deutliches Zeichen für die große Bedeutung dieser Partnerschaft. „Russland ist und bleibt ein Schlüsselmarkt für den deutschen Maschinenbau“, resümiert VDMA-Präsident Festge.
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