02.11.2021 – Kategorie: Management
Arbeitszeiterfassung 2021: Das müssen Forschungsunternehmen jetzt wissen
Für Denker und Forscher in Unternehmen klingt Arbeitszeitkontrolle unattraktiv. Im besten Fall kann die wissenschaftliche oder kreative Tätigkeit aber einen höheren Zuschuss bei der Forschungszulage erzeugen, wenn sie dokumentiert ist. Das Arbeitszeitgesetz schreibt diese Dokumentation ohnehin vor.
Arbeitszeiterfassung 2021: Wissen Sie noch, wie viele Stunden Sie in der vorletzten Woche an ihren Projekten gearbeitet haben? Auf die Minute genau? Große Unternehmen haben bereits seit vielen Jahren Arbeitszeiterfassungssysteme. Diese dienen nicht nur der Aufzeichnung, sondern auch der Kostenabschätzung von Projektarbeitszeit. Das verschafft den Unternehmen Planungssicherheit.
Arbeitszeiterfassung 2021: Das Gesetz gibt die Regeln vor
Arbeitszeiterfassung 2021: Forschungsunternehmen sind Denkfabriken. Häufig findet Innovation in Start-ups statt. Typisch sind eine entspannte Atmosphäre und lockere Arbeitszeitregelungen. Die vielen Freiheiten könnten mit dem vom EUGH bestätigten Arbeitszeitgesetz kollidieren und die Forschungsförderung komplizierter machen. Bereits am 14. Mai 2019 urteilte der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache C-55/18, dass die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten müssen, ein System einzurichten, mit dem die tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann.
Seit dem 28. März 2020 in seiner heute gültigen Fassung verabschiedeten Arbeitszeitgesetz (ArbZG) muss es demnach auch in Deutschland gewährleistet sein, dass alle Mitarbeitenden – und zu diesen zählen auch Forscherinnen und Forscher – ihre Arbeitszeit vollständig erfassen. Leider ist bisher in der Wirtschaft und in den Forschungsunternehmen die Annahme verbreitet, dass die Regelungen des ArbZG vor allem für gewerbliche Unternehmen, zum Beispiel in der Bauwirtschaft, der Gastronomie oder verarbeitenden Unternehmen, gelten. Doch das ist ein Irrtum, der spätestens beim Antrag auf die Forschungsförderung nach Forschungszulagengesetz (FZulG) bares Geld kosten kann.
Bemessung über den personellen Aufwand
Spannend ist das ArbZG (Arbeitszeiterfassung 2021) für forschende Unternehmen, weil die neue steuerliche Forschungsförderung durch das neue „Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung‘ – kurz Forschungszulagengesetz oder noch kürzer FZulG (www.fzulg.eu) – über den personellen Aufwand bemessen wird. Das seit 1. Januar 2020 in Kraft getretene Gesetz erstattet Personalkosten in Höhe von bis zu vier Millionen Euro pro Jahr mit einer steuerlichen Gutschrift von 25 Prozent.
Es sind somit eine Million Euro Forschungszulage zu erreichen, für Einzelunternehmen, Start-ups und alle anderen steuerzahlenden Körperschaften innerhalb eines Verbunds. Förderfähige Personalkosten sind Forschungstätigkeiten, die im über 400 Seiten dicken Frascati-Handbuch der OECD beschrieben sind.
Dabei lässt sich beobachten, dass es zwei „Typen“ von Unternehmen gibt, die auf den Antrag verzichten. Da sind einerseits die Firmen, die den Aufwand für die Beantragung scheuen, weil keine Stundendokumentation vorhanden ist, und andererseits die Unternehmen, die sich nicht für förderfähig halten. Beide Gruppen nehmen hier den „Verlust“ von mitunter fünf- und sechsstelligen Beträgen hin. Einige wenige suchen Unterstützung durch Spezialisten, die sich ausreichend mit dem ArbZG, dem FZulG und dem Frascati-Handbuch beschäftigt haben.
Arbeitszeiterfassung 2021: Alle Zeiten berücksichtigen
Wichtig ist im Zusammenhang mit der Antragstellung für eine Forschungszulage die stundenweise Erfassung der Arbeitszeiten. Festzuhalten sind unter anderem die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, ihre zeitliche Lage (womit unter anderem Nachtarbeitsstunden zwischen 23 Uhr und 6 Uhr gemeint sind) und die Überstunden.
Beschäftigte, die bei einem Kunden eingesetzt sind, müssen zudem noch Fahrzeiten und lange Dienstwege in Kauf nehmen. Selten reicht die 40-Stunden-Woche für die Bewältigung aller Wege und Aufgaben. Nicht immer wurden in der Vergangenheit alle Arbeitsstunden im Detail protokolliert, obwohl das Gesetz dies im Grunde vorschreibt. Für den EuGH ist dies ein Beweggrund, die Unternehmen dazu zu verpflichten, alle Arbeitszeiten zu protokollieren. Für F&E-Firmen entsteht hier wie von selbst eine Vereinfachung, um die Gesamtpersonalkosten für die Antragstellung zu dokumentieren, die für die Forschungszulage notwendig sind.
Wer sich mit der Komplexität der Gesetzeslage, auch im Zusammenhang mit dem Forschungszulagengesetz (FZulG) überfordert sieht, dem stehen Forschungsberatungsunternehmen zur Seite, wie die auf steuerliche Forschungsförderung spezialisierte ARTTIC Innovation (fzulg.eu), der Fragen-und-Antwortenkatalog des BMBF oder der Forschungszulagenrechner des VDI.
Freundliche Tools statt harter Stechuhr
Selten verfügen Forschungsunternehmen über eine klassische Stechuhr. Oft wird die Arbeitszeit – wenn überhaupt – als „Vertrauensarbeitszeit“ formlos festgehalten. Wird die Arbeitszeit erfasst, so oft in Papierform. Für die Beantragung der Forschungszulage des BMBF müsste man diese Papierlisten aufwändig in eine elektronische Form übertragen. Einfacher ist die Arbeitszeiterfassung 2021 am PC. Je nach Unternehmensgröße empfehlen sich kleine, freundliche Tools oder spezifische Unternehmenssoftware.
Ein willkommener Nebeneffekt der Zeiterfassung: Die Umsätze lassen sich mit den tatsächlich geleisteten Stunden in Relation setzen und es wird sichtbar, wieviel ein Unternehmen tatsächlich verdient. Umso wichtiger ist es, förderfähige Leistungen über die steuerliche Forschungsförderung zu bezuschussen.
Im Idealfall haben die Werkzeuge Funktionen zur Erfassung der Arbeitszeit nach Projekten, Aufgaben und einzelnen Tätigkeiten. Bei größeren Unternehmen sollte die Software zudem mandantenfähig sein. Umfassendere Lösungen erlauben es außerdem, die erwartete Arbeitszeit in der Zukunft zu erfassen. Das erlaubt eine noch präzisere Abrechnung gegenüber den Kunden. Auch Zeitfenster oder Zeitkorridore, die man gemeinhin als Gleitzeit oder flexible Arbeitszeit kennt, sollte die Software berücksichtigen. Der Einrichtung von Arbeitszeitkonten als betriebliche Maßnahme zur Bindung des forschenden Personals steht damit nichts mehr entgegen.
Bindend auch für forschende Unternehmen
Das Urteil des EuGH gilt für alle Staaten der EU. Damit muss auch Deutschland alle Arbeitgeber – somit auch alle forschenden Unternehmen –verpflichten, die Arbeitszeiten zu erfassen. Ebenso gilt das FZulG, das dabei hilft, die Personalaufwendungen durch eine steuerliche Förderung aufzufangen, seit Januar 2020. Das heißt, von den Unternehmen kann verlangt werden, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Zeiterfassung einzurichten, wenn sie von der Forschungszulage profitieren wollen.
Dazu, wie das ArbZG bei der Arbeitszeiterfassung 2021 umgesetzt wird, liegen noch keine gesicherten Erkenntnisse vor, doch es wird sicherlich auf eine digitale Lösung hinauslaufen. Zunächst gilt es, als direkte Folge des EuGH-Urteils auch in Forschungsunternehmen die Arbeitszeit aller Mitarbeitenden zu erfassen.
Der Autor Holm Landrock ist freier Journalist und Autor in Dresden.
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