16.11.2022 – Kategorie: Fertigung & Prototyping

3D-Druck in der Luftfahrt: Designfreiheit über den Wolken

3D-Druck in der Luftfahrt: Designfreiheit über den WolkenQuelle: Protolabs

Die additive Fertigung ist für viele Branchen mittlerweile zu einem wichtigen Faktor geworden. Auch die Ingenieure in der Luft- und Raumfahrt entdecken durch die neuen Verfahren bislang undenkbare Möglichkeiten.

Wer heute einen komplexen Bruch hat, oder wem etwa Teile des Schädelknochens ersetzt werden müssen, der hat im wahrsten Sinne Glück im Unglück. Durch den 3D-Druck gibt es mittlerweile ein Fertigungsverfahren, das die schnelle und unkomplizierte Herstellung von passgenauen Implantaten ermöglicht. Im Vergleich zu großflächigen Titanplatten, die nur bedingt an die ursprüngliche Schädelform angepasst werden konnten, ist dies ein wesentlicher Vorteil, der die additive Fertigung zu Recht zu einem Standardverfahren in der Medizintechnik werden ließ.

In der Luft- und Raumfahrt

Zu einem solchen Standardverfahren entwickelt sich aktuell auch der 3D-Druck in der Luftfahrt und der Raumfahrt. Viele Unternehmen entdecken, welche Vorteile sich durch die additive Fertigung ergeben, wie sich durch die unterschiedlichen Verfahren sowie Materialien Kosten einsparen lassen und wie viel zusätzliche Designfreiheit sie Konstrukteuren und Ingenieuren ermöglichen. Dabei sind zwei Aspekte des 3D-Drucks zentral für die Luft- und Raumfahrt: Einerseits die weitgreifenden Möglichkeiten zur Funktionsintegration bei Bauteilen. Andererseits sind die Fähigkeiten von Zulieferern zu nennen, die durch diese Technologie schnell Standardbauteile mit unterschiedlichen Abmessungen liefern können – und das aus unterschiedlichsten Materialien.

3D-Druck in der Luftfahrt
Der 3D-Druck in der Luftfahrt erweitert die Palette an möglichen Materialien deutlich. Bild: Protolabs

3D-Druck in der Luftfahrt – Platz, Kosten und Gewicht sparen

Ingenieure in der Luft- und Raumfahrt blicken in einer besonderen Weise auf die verbauten Komponenten. Dabei haben sie ein hochkomplexes Zusammenspiel zwischen den einzelnen Bestandteilen eines Flugzeugs im Fokus, das die Funktionalität sicherstellt. Jede Schraube, jeder Schlauch und jedes einzelne kleine Teilchen – etwa des Triebwerks – alle Bauteile müssen einerseits perfekt aufeinander abgestimmt sein, andererseits auch unter extremen Bedingungen funktionieren und die notwendige Perfomance garantieren. Dementsprechend ist es nur verständlich, dass jede Komponente in der Luft- und Raumfahrt strengen Prüfkriterien entsprechen muss und vor der Montage separat getestet und zertifiziert wird. Dabei sind entsprechende Messungen und Prüfungen auch mit Kosten verbunden und sie schlagen sich schlussendlich in der Rentabilität des Flugzeugs nieder.

Auf den ersten Blick wäre es dementsprechend nicht zwingend rentabel, bei einzelnen Bauteilen auf eine – insbesondere im Vergleich zu Zerspanung oder Guss – teurere Herstellungsmethode wie den 3D-Druck in der Luftfahrt zu setzen. Dass die additive Fertigung trotzdem immer häufiger in der Luft- und Raumfahrt Anwendung findet, liegt an den möglichen Kostenreduzierungen. Diese ergeben sich aus der weitreichenden Designfreiheit von additiven Verfahren. Gehen wir beispielsweise von einem bestimmten Triebwerkelement aus, das einerseits die Treibstoffzufuhr zur Verbrennung gewährleisten soll und andererseits relevante Kühlelemente beinhalten muss. Hier kann schnell eine Vielzahl an einzelnen Bauteilen nötig werden, um die gewünschten Funktionen zu garantieren.

Mehr Designfreiheit und Funktionsintegration

Durch die Designfreiheit der additiven Fertigung, die auch innenliegende Kanäle innerhalb eines Bauteils ermöglicht, kann ein solches Triebwerkelement im besten Fall aus nur noch einem Teil bestehen. Die Funktionsintegration ermöglicht also ein kompakteres, leichteres Bauteil. Da in der Luft- und Raumfahrt jedes Gramm und jeder Kubikmillimeter zählt, ist das ein bedeutender Aspekt. Schließlich kann das Flugzeug bei weniger Platz und Gewicht für die notwendige Elektronik sowie den Antrieb mehr Nutzlast transportieren. Bei der bereits erwähnten Zertifizierung kostet 3D-Druck durch Funktionsintegration damit nicht zwangsläufig mehr. Denn wenn man statt einer Vielzahl an Bauteilen nur noch eine Komponente überprüfen und zertifizieren muss, sinken die damit verbundenen Kosten wieder.

3D-Druck in der Luftfahrt
Designfreiheit, Funktionsintegration sowie Einsparungen bei Gewicht und Platzbedarf machen additive Verfahren interessant. Bild: Protolabs

Zulieferer im Fokus

Dass die additive Fertigung ein Trend in der Luft- und Raumfahrt ist, liegt aber nicht alleine an den Möglichkeiten, die sich durch Funktionsintegration ergeben. Auch die breite Palette an verfügbaren Materialien und Dienstleistungen ist ein wichtiger Vorteil. Dabei haben die meisten Unternehmen erkannt, dass es sich hier auch lohnt, eigene Kapazitäten innerhalb einzelner Abteilungen aufzubauen, um die additive Fertigung effizient nutzen zu können. Trotzdem sind auch künftig Zulieferer entscheidend, um den 3D-Druck in der Luftfahrt weiter als Standardverfahren zu etablieren.

Einer der wichtigsten Gründe hierfür ist die hohe Innovationskraft in der Branche. Entwicklungen insbesondere innerhalb der Passagierkabine oder auch bei der Verkabelung machen bereits heute eine flexiblere Komponentengestaltung nötig. Bauteile, etwa für die Sitzplatzbefestigung, unterliegen dem Trend hin zu mehr Individualisierung und einer freieren Platzgestaltung. Es zeichnet sich ab, dass dies in Zukunft nicht mehr nur durch Standardteile realisiert werden kann. Im Rahmen von sogenannter Mass Customization wird auch hier künftig die additive Fertigung in den Fokus rücken. Da man dabei auch auf die Zulassung und Prüfung der einzelnen Teile achten muss und im Rahmen der Prüfvorgänge zunächst auch einzelne Iterations- und destruktive Prüfungen erfolgen, sind hier Fertigungsdienstleister optimale Partner bei der schnellen Umsetzung von Mass Customization.

3D-Druck in der Luftfahrt künftig nicht mehr wegzudenken

Sowohl die zunehmende Konzentration auf Funktionsintegration wie auch allgemeine Trends und Entwicklungen innerhalb der Luft- und Raumfahrt zeigen, dass die additive Fertigung in dieser Branche mehr als nur ein Leuchtfeuer ist. Während viele Unternehmen und Branchengrößen sich bereits jetzt dezidiert Kapazitäten und Expertise rund um die additive Fertigung innerhalb der eigenen Belegschaft aufbauen, werden auch künftig Zulieferer wie Protolabs einen entscheidenden Beitrag zur Weiterentwicklung innerhalb der Branche leisten.

Der Autor Christoph Erhardt ist Manager Additive Manufacturing Metal bei Protolabs.

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