29.08.2022 – Kategorie: Fertigung & Prototyping
3D-Druck in der Automobilindustrie: Reif für die Serie
Lange Zeit hatte die additive Fertigung den Stempel eines Verfahrens für Hobbyisten und für die Prototypenherstellung. Dieses Image wandelt sich aktuell massiv. Mit guten Gründen.
Der 3D-Druck hat sich seit seinen Anfängen in den 80er Jahren stark weiterentwickelt. Das hat auch Einfluss auf die Automobilbranche. Zahlreiche Weiterentwicklungen – wie Photopolymere, Pulverbettschmelzen, Metalldirektdruck – haben sich als praktikable Lösungen auch im Fahrzeugbau etabliert. Dennoch betrachten viele Entscheider den 3D-Druck in der Automobilindustrie noch immer als eine weitere Produktionsmethode, die an das bestehende Geschäftsmodell und den Betrieb „angeflanscht“ wird. Dabei ist die Technologie weit mehr als nur eine Produktionsmethode, sie reicht mittlerweile bis in den Dienstleistungssektor hinein und beeinflusst das gesamte Fahrerlebnis.
3D-Druck in der Automobilindustrie: Eine neue Art des Produzierens
Mit der additiven Fertigung entfällt ein ehemals wesentlicher und arbeitsintensiver Prozess in der Produktion – die Erstellung eines Werkzeugs etwa für eine Kunststoffblende.
Die Fähigkeit, Teile direkt aus einer digitalen Darstellung zu produzieren, macht den Prozess nicht nur effizienter, sondern ermöglicht auch eine Dezentralisierung der Wertschöpfung. Zudem lassen sich Teile schneller anpassen und bereitstellen – und dies zu geringeren Fertigungskosten und mit weniger Abfall auch bei kleinen Losgrößen.
Dank der jüngsten Weiterentwicklungen insbesondere bei den Materialien ist der 3D-Druck nicht mehr nur für Konzepte oder als schnelles Prototyping-Werkzeug zu gebrauchen, sondern auch eine nutzbare Produktionslösung. Das Angebot umfasst Materialien, die flexibel, robust, starr oder klar sind und gleichzeitig für die Autoindustrie geeignet sind. Außerdem halten sie extremen Temperaturen, UV-Strahlung und chemischen Belastungen stand. Hersteller können damit Fahrzeuge über den gesamten Lebenszyklus hinweg mit geringerem Aufwand ständig verbessern.
Innovationen machen die additive Fertigung attraktiv
Der 3D-Druck steht aktuell an der Schwelle zu einem breiteren Einsatz. Dazu tragen verschiedene Entwicklungen bei, die die Anwendung vereinfachen und wirtschaftlicher gestalten. Hier einige Beispiele dafür, welche aktuellen Innovationen die additive Fertigung für Ingenieure der Automobilindustrie attraktiv machen.
1. Stapeln von Teilen mit Hilfe von Software-Tools
Produktivitätssteigerungen bei der additiven Fertigung erfordern ein enges Zusammenspiel zwischen Hardware, Software und den Materialien. Aktuelle Software für die Produktion von Kunststoffteilen im 3D-Druck erlaubt die Stapelung von Teilen mit hoher Dichte und die effiziente Erstellung von je nach Verfahren notwendigen Stützstrukturen. Eine optimierte Produktion ermöglicht eine schnelle wirtschaftliche On-Demand-Teileproduktion in großer Breite. Damit lassen sich Produktionskapazitäten relativ einfach verteilen und dezentralisieren.
2. Individuelle Oberflächengestaltung und Texturierung
Um ein perfektes Kundenerlebnis im Fahrzeuginnenraum zu schaffen, müssen sensorische Details wie Farbe, Haptik und Oberflächenbeschaffenheit ausgewogen sein. Texturierte Bauteile können heute mit verschiedenen 3D-Drucktechnologien direkt in Kunststoff gedruckt werden, um so die Oberflächenästhetik und Haptik zu optimieren. Dies ermöglicht zudem, die Innenräume individueller sowie schneller auf die aktuellen Kundenerwartungen einzustellen.
3. Simulationen verbessern die Produktivität
Zulieferer in der Automobilindustrie stehen vor der Herausforderung, moderne Lösungen in immer kürzerer Zeit zu entwickeln. Durch simulationsbasierte Optimierungen und Automatisierungen der 3D-Druck-Vorbereitung und des gesamten Workflows mit modernen Algorithmen können Ingenieure schnell die optimale Druckeinrichtung bestimmen. Das betrifft beispielsweise die Teileausrichtung und Stützstrukturen. Gleichzeitig können die Experten den Prozess so anpassen, dass ein effektives Temperaturmanagement und eine gezielte Verformungskompensation gegeben ist. Dieser automatisierte Simulations-Workflow – mit direkten Schnittstellen zu CAD-Systemen – ermöglicht eine höhere Produktivität. Dieses Vorgehen reduziert die Einrichtungszeiten und steigert die Produktausbeute, den Durchsatz und die Leistung der produzierten Bauteile.
4. Neue Materialien durch 3D-Druck in der Automobilindustrie
Die Anforderungen der Automobilindustrie an die Materialien sind hoch. Bauteile müssen zum Beispiel spezifischen Temperaturen und chemischen Stoffen über die definierte Lebensdauer standhalten. Dies ist bei der additiven Fertigung weniger trivial als bei etablierten Materialien und Fertigungsverfahren. Denn die Materialien stehen nicht für sich alleine, sondern in enger Wechselwirkung mit der Druckerhardware, der Software und dem Prozess. Aktuell werden immer mehr Materialien für neue Produktionsanwendungen im Bereich der Elektrofahrzeuge entwickelt und getestet. Viele sind für den Wandel in der Automobilbranche sehr gut geeignet und bereits verfügbar.
3D-Druck in der Automobilindustrie: Fazit
Durch die Elektrifizierung des Autos und weiterer Innovationen profitieren Hersteller und Zulieferer nicht nur, sondern sie müssen sich auch vielen Herausforderungen stellen. Dabei können die Beteiligten die Fähigkeiten der additiven Fertigung nutzen. Mit Hilfe des 3D-Drucks in der Automobilindustrie können zudem die Produktion dezentraler gestaltet und stärker personalisierte Fahrzeuge angeboten werden.
Der Autor Kevin Baughey ist Segmentleiter Transport & Motorsport bei 3D Systems.
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